nach oben
27.01.2019
Entbehrlichkeit der Voreintragung des Erben im Grundbuch

Eintragung einer Finanzierungsgrundschuld mittels transmortaler Vollmacht

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht in Weißenthurm - Joachim Müller
Autor:

Joachim Müller

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht in Weißenthurm | Weißenthurm

Nach § 39 Grundbuchordnung (GBO) soll eine Eintragung in das Grundbuch nur erfolgen, wenn die Person, deren Recht durch die Eintragung betroffen ist, als Berechtigte eingetragen ist. Ausnahmen von dem Grundsatz der Voreintragung sind in § 40 GBO geregelt. Die Voreintragung des Erben des eingetragenen Berechtigten ist nicht erforderlich, wenn die Übertragung oder die Aufhebung des Rechts eingetragen werden soll oder wenn auf Grund einer Bewilligung des Erblassers oder eines Nachlasspflegers eine Eintragung vorzunehmen ist.

Gleiches gilt nach § 40 Abs. 2 GBO, wenn die Eintragung von einem Testamentsvollstrecker bewilligt wurde.

Sinn und Zweck dieser Regelungen ist es, in Fällen in welchen der Erbe das eingetragene Recht nicht behalten, sondern sogleich veräußern oder aufgeben will, das Grundbuchverfahren zu erleichtern. Zudem soll in einem solchem Fall bei dem die Eintragung des Erben nicht durch Interessen Dritter geboten ist, die Entstehung unnötiger Kosten vermieden werden, die ja letztendlich der Erbe zu tragen hätte.

Entscheidung des OLG Stuttgart vom 17. Oktober 2018, Az: 8 W 311/18

Das OLG Stuttgart kommt in dieser Entscheidung zu dem Ergebnis, dass eine Voreintragung des Erben nicht erforderlich ist, wenn ein mit einer transmortalen Vollmacht ausgestatteter Bevollmächtigter die Eintragung einer Finanzierungsgrundschuld bewilligt.

Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der im Jahre 2017 verstorbene Erblasser ist als Alleineigentümer von bebautem Grundbesitz im Grundbuch eingetragen. Im Januar 2015 hat der Erblasser seiner Vertrauensperson, der Beteiligten zu 1, eine notariell beurkundete General- und Vorsorgevollmacht erteilt. Die Vollmacht umfasst die Vermögenssorge und soll ausdrücklich über den Tod des Vollmachtgebers hinaus gelten.

Im August 2018 schloss die Beteiligte zu 1 mit den Beteiligten zu 2 und 3 einen notariell beurkundeten Kaufvertrag. Die Beteiligte zu 1 bewilligte die Eintragung einer Auflassungsvormerkung, nicht jedoch die Eintragung der Eigentumsänderung.

Gleichzeitig bevollmächtigte die Beteiligte zu 1, die Beteiligten zu 2 und 3 zum Zwecke der Kaufpreisfinanzierung den zum Nachlass des Erblassers gehörenden Grundbesitz mit Grundpfandrechten zu belasten. Auf Grund dieser Vollmacht bewilligten und beauftragten die Beteiligten zu 2 und 3 die Eintragung einer Grundschuld über 450 TEUR im Rang nach der Auflassungsvormerkung. Der oder die Erben wurden bis dahin nicht benannt.

Das Grundbuchamt beanstandet diese Vorgehensweise. Die Rechtspflegerin ist der Auffassung, dass zur Eintragung der Grundschuld die Voreintragung des / der Erben erforderlich sei. Zur Begründung führt die Rechtspflegerin aus, dass ein Verzicht auf die Voreintragung bei einer solchen Verfügung grundsätzlich nicht vom Zweck des § 40 Abs. 1 GBO gedeckt sei. Die Vorschrift sei eine Ausnahmeregelung und daher eng auszulegen. Die Voreintragung solle dem Berechtigten nur deshalb erspart bleiben, weil er sogleich wieder aufhören würde Berechtigter zu sein. Die Belastung eines Grundstücks führe jedoch auch dann nicht zu einer Übertragung, wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit einer beabsichtigten Übertragung, so wie vorliegend zum Zweck der Kaufpreisfinanzierung erfolge.

 

Die Beschwerde gegen die die Eintragung der Finanzierungsgrundschuld ablehnende Entscheidung des Grundbuchamtes hatte vor dem OLG Stuttgart Erfolg.


Das OLG hält zunächst den Einwand, die Belastung des ererbten Grundstücks mit einer Finanzierungsgrundschuld könne im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Ausnahmevorschrift des § 40 Abs. 1 GBO nicht mit einer Auflassungsvormerkung gleichgesetzt werden, für berechtigt. Die Auflassungsvormerkung ist in ihrem rechtlichen Bestand von dem Bestand des gesicherten Übertragungsanspruches abhängig. Damit kann sie dem Anwendungsbereich des § 40 Abs. 1 Alternative 1 GBO zugeordnet werden. Das ist für die vom Übertragungsgeschäft unabhängige Finanzierungsgrundschuld zweifellos nicht der Fall.

Allerdings hält der Senat eine entsprechende Anwendung des § 40 Abs. 1 Alternative 2 GBO für geboten, weil das Handeln des transmortal Bevollmächtigten mit dem Handeln des Nachlasspflegers vergleichbar sei.

Wie der Nachlasspfleger soll der transmortal Bevollmächtigte die Erben gerade auch im Grundbuchverkehr vertreten und dabei in der Übertragungszeit bis zur Feststellung der Erben, die Erbschaft sichern und berechtigte Ansprüche von Gläubigern befriedigen.

Zweck des § 40 GBO sei es neben der Erleichterung des Grundbuchverkehrs und der Kostenvermeidung ebenso, Eintragungen, die gegen die Erben wirksam vorgenommen werden können, auch dann zu ermöglichen, wenn der Nachweis der Erbfolge schwer zu führen sei.

Auch die Bevollmächtigung einer Vertrauensperson über den Tod hinaus erfolge, um gegen die Erben wirksame Eintragungen unabhängig und kostensparend durchführen zu können.

Hierbei mache der Erblasser, der eine trans- oder postmortale Vollmacht erteilt, unter Ausnutzung seiner über den Tod hinaus wirkenden privatrechtlichen Gestaltungsfreiheit gebrauch. Die Vollmacht ermögliche es dem Bevollmächtigten gegenüber dem Grundbuchamt für den Nachlass der noch unbekannten Erben aufzutreten.

Entsprechende Anwendung des § 40 Abs. 1 Alternative 2 GBO

Damit ergebe sich aus § 40 Abs. 1 Alternative 2 GBO das im Hinblick auf den Grundbuchverkehr, Nachlasspfleger und transmortal Bevollmächtigte, weitergehende Konsequenzen zustehen als den Erben. Dies wiederum rechtfertige die entsprechende Anwendung der Vorschrift.

 

Anmerkung vom Fachanwalt für Erbrecht Joachim Müller:

 

Das OLG Stuttgart schließt sich mit dieser Entscheidung einer neuen Auffassung in der Rechtsprechung an. Zuvor haben bereits das OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.06.2017, 20 W 179/17 und das OLG Köln, Beschluss vom 16.03.2018, 2 WX 123/18, entsprechend entschieden.

Die Entscheidungen sind zu begrüßen. Sie tragen dazu bei, den Grundbuchverkehr erheblich zu vereinfachen. Hierbei ist Voraussetzung, dass die Grundstückseigentümer geeignete Bevollmächtigte beauftragen und diese mit über den Tod hinaus fortgeltende notarielle Vollmachten ausstatten.



← zurück
Netzwerk Deutscher Testamentsvollstrecker e.V. Erbrechtsmediation Erbrechtsakademie