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23.5.2005

Der Tod des Betreuten - Abschlusstätigkeiten des Betreuers

Das Ende einer Betreuung durch den Tod des Betroffenen ist gesetzlich nicht geregelt. Nicht selten herrscht deshalb beim Betreuer Unklarheit darüber, ob und welche Abschlusstätigkeiten er noch veranlassen darf und muss. Überschreitet er dabei seine Befugnisse, wird er für diese Handlungen nicht mehr vergütet.

I. Bestattung des Betreuten
Das Recht der Totenfürsorge steht – soweit ein Wille des Verstorbenen nicht erkennbar ist – primär seinen nächsten Familienangehörigen zu, so dass der Betreuer grundsätzlich nicht selbst die Bestattung veranlassen kann (LG Bonn, NJW-RR 1994, 522). Nur wenn die Angehörigen des Verstorbenen oder das Ordnungsamt mit der Aufforderung zur Bestattung nicht erreicht werden können, stellt die Bestattung durch den Betreuer eine „Notmaßnahme“ dar; ob er hierfür auch vergütet wird, ist allerdings streitig (LG Frankenthal, Rpfleger 1995, 504; LG Koblenz, BtPrax 1995, 184). Die Bestattungskosten tragen grundsätzlich die Erben (§ 1968 BGB).

II. Nachlasssicherung durch den Betreuer?
Mit dem Tod des Betreuten endet – anders als bei einer Vorsorgevollmacht – die Betreuung automatisch (Palandt/Diederichsen, BGB, 64. Aufl., 2005, § 1896 Rdnr. 25). Sein Vermögen geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erben über (§ 1922 BGB). Dem Betreuer ist deshalb regelmäßig die Rechtszuständigkeit über den Nachlass entzogen. Sind die Erben unbekannt oder ist der Nachlassbestand ohne Maßnahmen des Nachlassgerichts gefährdet, kann der Betreuer eine Nachlasspflegschaft beantragen (§ 1960 BGB) und dabei auch selbst zum Nachlasspfleger berufen werden, was wegen seiner Sachnähe zum Nachlass vorteilhaft ist (Roth, Erbrecht und Betreuungsfall, 2005, S. 76).

III. Notgeschäftsführungsbefugnis des Betreuers
Mangels Handlungszuständigkeit über den Nachlass des Betroffenen kann der Betreuer nur noch solche Geschäfte vornehmen, die nicht ohne Gefahr für den Nachlass aufgeschoben werden können. Dabei ist jeweils auf den Einzelfall abzustellen. Diese Notmaßnahmen müssen sich allerdings im Rahmen des ehemaligen Aufgabenkreises halten. Maßnahmen zur Schadensabwehr, die Versorgung von Haustieren des Betreuten oder das Inkasso laufender Zahlungen (z.B. Miet- oder Pachteinnahmen) sind regelmäßig noch vom Betreuer abzuwickeln (Palandt/Diederichsen, § 1893 Rdnr. 4).

Unterlässt der Betreuer solche gebotenen Tätigkeiten oder verkennt er deren Dringlichkeit, unterliegt er der Haftung nach § 1833 BGB (Palandt/Diederichsen, § 1893 Rdnrn. 3, 4, Einf § 1896 Rdnr. 16). Andererseits erhält der ehemalige Betreuer keine Vergütung mehr für diese Handlungen, wenn er seine Befugnisse überschreitet. Insoweit steckt der vormalige Betreuer in einem Dilemma, welches er umgehend durch Kontaktaufnahme mit den Erben des Betroffenen aufklären sollte. Insbesondere die Kündigung von Wohnraum des Verstorbenen und dessen Räumung oder die Beantragung eines Erbscheins unterliegen nicht der Dringlichkeit und sind deshalb regelmäßig den Erben zu überlassen.

IV. Schlusstätigkeiten gegenüber dem Gericht
Nach dem Tod des Betroffenen ist der Betreuerausweis dem Vormundschaftsgericht zurückzugeben und ein Schlussbericht einzureichen (§§ 1893 II 1, 1840 I BGB). Hatte der Betreuer (auch) den Aufgabenkreis „Vermögensangelegenheiten“ inne, ist zusätzlich eine Schlussabrechnung vorzulegen (§§ 1908i I, 1892 I BGB). Diese Tätigkeiten sind dem Betreuer noch zu vergüten (OLG Karlsruhe, BtPrax 2002, 124). Die Vergütungsabrechnung sollte unverzüglich bei Gericht zur Festsetzung eingereicht werden, um den Vergütungsanspruch nicht wegen der kurzen Ausschlussfrist des § 1836 II 4 BGB von 15 Monaten zu verlieren. Da nach dem Tod des Betreuten die Schonvermögensgrenzen (§ 90 II Nr. 9 SGB XII) entfallen (LG Kleve, BtPrax 1995, 185), kann die Betreuervergütung aus dem Nachlass entnommen werden, wenn sie gegen diesen festgesetzt wurde.

V. Nachlassabwicklung im Auftrag der Erben
Wohnen die Erben des verstorbenen Betreuten weit entfernt, ist es für sie in aller Regel unpraktikabel, den Nachlass selbst abzuwickeln. Diese Aufgabe können sie jedoch dem ehemaligen Betreuer übertragen. Dadurch werden Werk-, Dienst- oder Geschäftsbesorgungsverträge begründet (Zimmermann, ZEV 2004, 454). Mangels gesetzlicher Vergütungstatbestände sollte der Betreuer vor Übernahme dieser Tätigkeiten seine Vergütung mit den Erben – aus Beweisgründen schriftlich – regeln.

VI. Fazit
Die Schnittstelle zwischen Erb- und Betreuungsrecht gewinnt als Folge der gestiegenen Lebenserwartung und der gleichzeitigen Zunahme von Erbfällen immer mehr an Bedeutung. Für die Berührungspunkte dieser Rechtsgebiete sind Betreuer regelmäßig nicht ausreichend sensibilisiert. Weil erbrechtliche Sachverhalte jedoch direkten Einfluss auch auf die Vergütungsansprüche des Betreuers haben können, sollte sich der Betreuer mit diesem Themenkomplex frühzeitig auseinander setzen.

(Von Rechtsanwalt Bernhard F. Klinger, München, und Rechtsanwalt Wolfgang Roth, Obrigheim; in NJW-Spezial Heft 6/2005)



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