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19.7.2005

Keine Bindung des Zivilrichters bei der Frage der Erbunwürdigkeit im Falle strafrechtlicher Verurteilung

Die Erbunwürdigkeit (§ 2339 BGB) ergänzt die Institute der Enterbung (§ 1938 BGB), der Pflichtteilsentziehung (§§ 2333 ff. BGB) und der Anfechtung letztwilliger Verfügungen (§§ 2078 ff. BGB) und muss gegenüber dem Unwürdigen, der zunächst Erbe wird, binnen Jahresfrist (§ 2340 III BGB) durch Anfechtungsklage geltend gemacht werden.

Der Beklagte war rechtskräftig wegen Urkundenfälschung verurteilt worden. Das OLG München hatte den Beklagten im Rahmen einer Anfechtungsklage gerade wegen der bindenden Wirkung dieser strafrechtlichen Verurteilung für erbunwürdig erklärt (§ 2339 I BGB).

Nach Ansicht des BGH ist dagegen eine Bindung des Zivilrichters an strafrechtliche Urteile mit der im Zivilprozess herrschenden freien Beweiswürdigung nicht vereinbar. Die freie Tatsachenprüfung findet ihre Grenze nur, soweit Existenz und Inhalt eines Strafurteils Tatbestandsvoraussetzungen eines Anspruchs bilden (BGH, NJW 1983, 230). Dies ist aber bei strafrechtlichen Verurteilungen wegen der als Gründe für eine Erbunwürdigkeit in § 2339 I Nrn. 1 bis 4 BGB bezeichneten Handlungen nach allgemeiner Ansicht nicht der Fall.

Praxishinweis: Die fälschliche Anfertigung oder Verfälschung eines Testaments führt gem. § 2339 I Nr. 4 BGB zur Erbunwürdigkeit. Die Fälschung kann auch nach dem Erbfall begangen werden. Der bloße Versuch ist nach h. M. ausreichend.

(BGH, Urteil vom 16.3.2005 – IV ZR 140/04 = NJW-RR 2005, 1024)

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