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19.7.2011

Anspruch des Pflichtteilsberechtigten auf Vorlage eines Wertermittlungsgutachtens trotz vorliegendem Kaufvertrag

Der Pflichtteilsberechtigte kann vom Erben zur Durchsetzung seiner Ansprüche gemäß § 2314 BGB neben einem Nachlassverzeichnis auch die Bewertung einzelner Nachlassgegenstände verlangen. Dieser Auskunfts- und Wertermittlungsanspruch erstreckt sich auch auf Schenkungen, die der Erblasser in seinen letzten 10 Lebensjahren getätigt hat. Diese Zuwendungen können zu einem Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ 2325 BGB) führen.

Der Bundesgerichts (BGH) hat in seinem Urteil vom 25.11.2010 (Az. IV ZR 124/09 = NJW 2011, 1004) entschieden, dass sich die Bewertung von Nachlassgegenständen, die alsbald nach dem Erbfall veräußert werden, grundsätzlich am tatsächlich erzielten Verkaufspreis orientiert. Der Pflichtteilsberechtigte hat aber die Möglichkeit, durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens nachzuweisen, dass der Verkaufspreis den Verkehrswert unrichtig widerspiegelt und stattdessen ein anderer Wert der richtig ist.

Das OLG Frankfurt hat in seinem Beschluss vom 02.05.2011 (Az. 1 U 249/10 = ZEV 2007, 379) entschieden, dass der Pflichtteilsberechtigte vom Erben auch dann ein Wertermittlungsgutachten verlangen kann, wenn der betreffende Nachlassgegenstand bereits verkauft ist. Andernfalls wäre dem Pflichtteilsberechtigten der Nachweis, dass der Veräußerungserlös nicht den tatsächlichen Verkehrswert entspricht, praktisch verwehrt.

Sollte das Wertermittlungsgutachten zu einem anderen Ergebnis gelangen, als der vom Erben erzielte Kaufpreis, muss der Sachverständige darauf eingehen, woraus sich die Abweichung ergibt.



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