Pflichtteilsstrafklausel und Grundbuchberichtigung
Gemeinschaftliche Testamente von Ehegatten, in denen diese sich wechselseitig zu Alleinerben und ihre Kinder nach dem Tod des zuletzt Versterbenden zu Schlusserben zu gleichen Teilen einsetzen, werden oft mit einer so genannten Pflichtteilsstrafklausel verbunden. Danach soll ein Kind nur dann Schlusserbe nach dem zuletzt versterbenden Elternteil werden, wenn es nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils seinen Pflichtteil an dessen Nachlass nicht geltend gemacht hat. Andernfalls soll er auch nach dem Tod des zweiten Elternteils lediglich einen Pflichtteilsanspruch haben.
Anders ausgedrückt: Voraussetzung für eine Erbenstellung nach dem zuletzt versterbenden Elternteilen ist der Umstand, etwas nicht getan zu haben, nämlich seinen Pflichtteil geltend zu machen.
Daraus können sich Probleme nach dem Tod des zuletzt versterbenden Elternteils ergeben, wenn sich in dessen Nachlass eine Immobilie befindet und sich die erbenden Kinder als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eintragen lassen wollen.
Dafür müssen die Kinder nämlich ihre Erbenstellung durch Vorlage einer öffentlichen Urkunde nachweisen.
Haben die Eltern ein privatschriftliches Testament errichtet, müssen die Kinder einen Erbschein beantragen, um ihre Erbenstellung für ihre Eintragung im Grundbuch nachzuweisen.
Haben die Ehegatten jedoch ein notarielles Testament errichtet, liegt eine öffentliche Urkunde vor, mit der die Erbenstellung in der erforderlichen Form nachgewiesen werden könnte. Beinhaltet das gemeinschaftliche Testament jedoch die vorstehend erläuterte Pflichtteilsstrafklausel lässt sich der Urkunde selbst nicht entnehmen, dass die Kinder ihren Pflichtteil nach dem Tod des Erstversterbenden Elternteils nicht geltend gemacht haben. Daher könnte die Erbenstellung zweifelhaft und damit die Durchführung eines Erbscheinverfahrens mit den damit verbundenen Kosten doch erforderlich sein. Diese Auffassung hat jedenfalls das Nachlassgericht Weiden i.d.OPf. vertreten.
Dieser Rechtsauffassung hat das Oberlandesgericht Hamm mit seinem Beschluss vom 8. Februar 2011 aber eine Absage erteilt. Demnach sollen die Kinder nicht verpflichtet sein, ein Erbscheinverfahren durchzuführen, um nachzuweisen, dass sie ihren Pflichtteil nach dem Tod des erst versterbenden Elternteils nicht verlangt haben.
Vielmehr soll zum Nachweis dieser negativen Tatsache die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung vor einem Notar genügen. Das gilt jedenfalls dann, wenn dem Nachlassgericht keine positiven Tatsachen bekannt sind, nach denen eines der Kinder seinen Pflichtteilsanspruch in der Vergangenheit geltend gemacht hat.
Allerdings müssen demnach alle Erben, also alle Kinder eine entsprechende eidesstattliche Versicherung mit dem Inhalt abgeben, dass weder sie selbst noch nach ihrem Kenntnisstand ein anderes Kind seinen Pflichtteil nach dem erstverstorbenen Elternteil verlangt hat.
OLG Hamm, Beschluss vom 08.02.2011 – 15 W 27/11
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