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9.1.2013

Kostentragungspflicht für Gutachten im Erbscheinsverfahren

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht - Klaus Becker
Autor:

Klaus Becker

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht | Aachen

Wer einen Erbschein beantragt, hat die hierbei entstehenden Gerichtskosten an die Staatskasse zu zahlen. Dies betrifft auch Auslagen für eingeholte Gutachten. Das OLG München hat in einer Entscheidung vom 30.4.2012 (31 Wx 68/12) ausgeführt, dass dies nicht ausnahmslos gilt. Folgender Sachverhalt war zu prüfen:
Die verwitwete Frau F. verstarb im Jahre 2010 kinderlos. Sie hatte bereits im Jahre 2006 ein „handschriftliches Testament vom 3.4.2004“ in amtliche Verwahrung gegeben. Dieses Testament begünstigte Frau A.. Die Nichte der Erblasserin sah sich durch dieses Testament benachteiligt und trug im von der A. betriebenen Erbscheinsverfahren vor, es sei deutlich, dass das Testament von zwei verschiedenen Personen abgefasst sei; es handle sich um eine Fälschung. Aufgrund dieser Behauptung beauftragte das Amtsgericht einen Sachverständigen zur Klärung der Formgültigkeit des Testaments. Dieser stellte fest, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 75 % Urheberidentität bestehe. Der Erbschein wurde antragsgemäß erlassen. Die Kosten für Erbschein und Gutachten sollte die den Erbschein beantragende Frau A. tragen. Gegen die Kostengrundentscheidung wandte sich diese erfolgreich mit ihrer Beschwerde an das OLG München.
Ausgehend von dem Grundsatz, dass ein Antragsteller im Erbscheinsverfahren für alle Kosten haftet, auch für solche, die alleine aufgrund der Einwände eines weiteren Beteiligten veranlasst wurden, so wie hier das Sachverständigengutachten, kam das Gericht zu der Erkenntnis, dass hier abweichend zu entscheiden ist. § 81 FamFG erlaubt es, auch anderen Beteiligten Kosten ganz oder teilweise aufzuerlegen. Möglich ist dies in Fällen, in denen sich Unbilligkeit aufdrängt oder ein entsprechender Antrag eines Beteiligten vorliegt. Es hat dann  eine Ermessensprüfung nach Billigkeitsgrundsätzen stattzufinden. Anhaltspunkte können dabei ebenso das Maß des Antragserfolgs wie auch die Art und Weise der Verfahrensführung, wie hier das Vorbringen der N. „ins Blaue hinein“, sein. Nach den einschlägigen Vorschriften des FamFG ist also möglich, Beteiligten unabhängig von Obsiegen und Quotelung Kosten differenziert nach ihrer Art zum Teil  aufzuerlegen. Auf diese Möglichkeit griff das OLG München vorliegend zurück und belastete die N. mit den Sachverständigenkosten.
Fazit dieser Entscheidung ist, dass man sich als Beteiligter in einem Erbscheinsverfahren sehr genau überlegen muss, wie und was man vorträgt, um nicht leichtfertig die Pflicht zur Tragung nicht unerheblicher Kosten zu verursachen. Es gibt keine automatische Kostentragungspflicht nur für denjenigen, der den Erbschein beantragt.

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