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22.4.2014
Pflichtteil - Schenkung unter Ehegatten - Finanzierung Hausbau

Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Hausbau von Eheleuten

Der Gesetzgeber hat in § 2325 BGB angeordnet, dass lebzeitige Schenkungen des Erblassers
den Pflichtteil enterbter Personen erhöhen können. Durch den
Pflichtteilergänzungsanspruch soll verhindert werden, dass durch lebzeitige
Übertragungen der pflichtteilsrelevante Nachlass reduziert und so der
Pflichtteil entwertet wird. Die Rechtsprechung musste sich immer wieder mit der
Frage beschäftigen, ob auch Zuwendungen unter Ehegatten einen Pflichtteilergänzungsanspruch
auslösen.

Schenkungswille fraglich

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch setzt
eine Schenkung i.S.d. § 516 BGB voraus. Diese liegt vor, wenn objektiv eine Bereicherung
des Empfängers erfolgt ist und subjektiv eine Einigung zwischen Schenker und
Beschenkten über die Unentgeltlichkeit vorliegt. Allerdings lässt sich gerade
bei Zuwendungen zwischen Ehegatten in vielen Fällen nicht feststellen, ob die
subjektive Seite der Schenkung gegeben ist. Vermögensverschiebungen unter
Eheleuten haben nämlich häufig vorrangig das Ziel, die eheliche
Lebensgemeinschaft zu verwirklichen und auch so zu gestalten und so zu ihrem
Fortbestand beizutragen.

Das OLG Schleswig hat in seinem Urteil vom 10.12.2013 (BeckRS 2014, 03995) einen Fall zu beurteilen, wo Eheleute
gemeinsam ein Hausgrundstück zu Miteigentum erworben und bebaut hatten, um dort
ihr Familienheim zu schaffen. Der Kaufpreis und die Tilgung der Finanzierungsdarlehen
Darlehen wurden aber allein von einem Ehegatten aufgebracht. Das OLG Schleswig
hatte zu beurteilen, ob dies Schenkung i.S.d. § 2325 BGB darstellt.

In der Literatur wurde früher vertreten, dass der Kauf eines Eigenheims dem Anwendungsbereich des § 2325 BGB entzogen sein müsse, da der Erwerb und die Abbezahlung des Heims ein wichtiger Teil der
gemeinsamen ehelichen Lebensleistung sei. Derartige „unbenannte Zuwendungen
unter Ehegatten“ dürften nach Eintritt des Erbfalls keinen Pflichtteilsanspruch
der Kinder auslösen.

Unbenannte Zuwendung unter Eheleuten
wird von § 2325 BGB erfasst

Demgegenüber hat der BGH in einem grundlegenden Urteil vom 27.11.1991 (NJW 1992, 564) entschieden, dass die unbenannte Zuwendung unter Ehegatten im Erbrecht trotz Fehlens des subjektiven Elementes
grundsätzlich wie eine Schenkung i.S.d. § 2325 BGB behandelt wird. Vermögen
soll auf diese Weise nicht zum Nachteil des Pflichtteilsberechtigten am
Nachlass vorbei an den anderen Ehegatten weitergeleitet werden können.

Zuwendung ausnahmsweise pflichtteilsfest

Gewisse Fälle einer ehebezogenen Zuwendung werden nach der Rechtsprechung nicht von § 2325 BGB erfasst:

  • Die Zuwendung dient der angemessenen
    Alterssicherung des Ehegatten (OLG Schleswig, ZEV 2010, 369; OLG Stuttgart, ZEV
    2012, 384)
  • Die Zuwendung ist eine nachträgliche
    Vergütung langjähriger Dienste (OLG Oldenburg, FamRZ 2000, 638).
  • Die Zuwendung ist unterhaltsrechtlich
    geschuldet.

Keine zeitliche Begrenzung bei Ehegattenschenkungen

Sofern keine dieser Ausnahmetatbestände vorliegt, wird die Pflichtteilsergänzungshaftung bei Zuwendungen unter
Ehegatten noch deshalb verschärft, weil hierbei keine zeitliche Begrenzung auf
einen Zeitraum von zehn Jahren vor Eintritt des Erbfalls gem. § 2325 Abs. 3 BGB
gilt.

Keine Abschmelzung bei
Ehegattenschenkung

Nach der gesetzlichen Regelung werden nämlich sämtliche Schenkungen während der Ehezeit vom § 2325 BGB erfasst, mögen diese aber auch Jahrzehnte vor Eintritt des Erbfalls erfolgt sein. Das Problem
verschärft sich noch dadurch, dass die seit der Pflichtteilsreform geltende Abschmelzungsregelung
des § 2325 Abs. 3 BGB bei einer Ehegattenschenkung nicht gilt.

Kritik der Literatur

Die Rechtsprechung des BGH ist deshalb in der Literatur teilweise auf Kritik gestoßen. Das OLG Schleswig folgt aber –
auch aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit – mit der
überwiegenden Literaturmeinung der Auffassung des BGH: Da der alleinverdienende
Ehemann den gemeinsamen Erwerb des Grundstücks ausschließlich finanziert hatte,
stellt der Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils durch die Ehefrau eine
ergänzungspflichtige Zuwendung i.S.d. § 2325 BGB dar.

Expertentipp:

Bernhard F. Klinger, Fachanwalt für Erbrecht in München, empfiehlt, dass Eheleute sich vor dem Kauf eines
Grundstücks zur Bebauung eines Familienwohnheimes oder vor dem Kauf eines
Wohnhauses zu den pflichtteilsrechtlichen Auswirkungen informieren sollten,
wenn nicht beide Eheleute zu gleichen Anteilen den Kaufpreis bezahlen oder die
Finanzierung übernehmen. Sollen beide Eheleute Miteigentum erhalten, wird aber das Objekt nur von einem Ehepartner finanziert, muss durch einen Erbrechtsexperten geprüft werden, ob einer der von der Rechtsprechung anerkannten
Ausnahmetatbestände vorliegen. Sollten diese eingreifen, empfiehlt Klinger dies
zeitnah zum Kauf schriftlich zu fixieren. Ansonsten droht der Erwerb eines
Familienheims Jahre oder Jahrzehnte vor dem Erbfall eine „tickende Zeitbombe“
zu werden.

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