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12.02.2015
Darlehenskündigung durch Erbengemeinschaft

Mehrheitsbeschluss ausreichend

Zur Kündigung eines Darlehens gegenüber einem Miterben genügt die Stimmenmehrheit der Erbengemeinschaft, wenn es sich um eine ordnungsgemäße Verwaltung handelt. Das Einstimmigkeitserfordernis ist hier nicht gegeben.

 

Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein (Urteil vom 18.9.2014 – 3 U 82/13) hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob die Kündigung eines Darlehens durch eine Erbengemeinschaft dem Einstimmigkeitserfordernis des § 2040 BGB entsprechen muss oder ob eine Mehrheit der Stimmen aus der Erbengemeinschaft ausreichend ist.

Der zu entscheidende Sachverhalt stellt sich verkürzt wie folgt dar:

Die Erbengemeinschaft besteht aus 4 Brüdern. Die Erblasserin hat einem der Söhne C ein Darlehen hingegeben. Die Brüder A und B haben das Darlehen gekündigt und die Rückzahlung in den Nachlass verlangt. Der Bruder D hat sich nicht geäußert, was als Ablehnung gewertet wurde.

 

Stellt die Kündigung eine ordnungsgemäße Verwaltungsmaßnahme dar?

Die Wirksamkeit der Kündigung beurteilt sich nach den §§ 2038, 2040 BGB. Nach § 2038 Abs. 1 Satz 1 BGB steht die Verwaltung des Nachlasses den Erben gemeinschaftlich zu. Für Verfügungen über Nachlassgegenstände wird dies in § 2040 Abs. 1 BGB eigens hervorgehoben. Demnach wäre die Kündigung unwirksam, da  dies eine Verfügung darstellt, die die Erben nur gemeinschaftlich erklären können. Dies war aber nicht der Fall, da Miterbe D sich nicht erklärt hat. C ist aufgrund einer Interessenkollision nicht stimmberechtigt.

Der Bundesgerichtshof vertritt jedoch die Auffassung, dass die Kündigung eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung darstellt, für die es der Einstimmigkeitsvoraussetzung des § 2040 BGB nicht bedarf. Sie kann nach § 2038 Abs. 2 BGB mit Stimmenmehrheit beschlossen werden.

Der Senat schließt sich der Meinung an, dass Verfügungen grundsätzlich auch Maßnahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung sein können. Diese Auffassung trägt dem Interesse der oft über viele Jahre bestehenden Erbengemeinschaft an einer handlungsfähigen und beweglichen Verwaltung Rechnung.

 

Ordnungsgemäßheit bestimmt sich nach billigem Ermessen

Verwaltungsmaßnahmen sind nach § 2038 BGB alle Maßnahmen, die auf die Verwahrung, Sicherung, Erhaltung und Vermehrung sowie zur Gewinnung der Nutzungen und Bestreitung der laufenden Verbindlichkeiten des Nachlasses gerichtet sind. Ordnungsgemäß sind sie, wenn sie dem Interesse aller Miterben nach billigen Ermessen entsprechen. Maßstab ist der objektive Standpunkt eines verständigen, vernünftig und wirtschaftlich denkenden Betrachters. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist der Zeitpunkt der Beschlussfassung.

Legt man diese Beurteilungskriterien zugrunde, stellt sich die Beschlussfassung als ordnungsgemäße Verwaltungsmaßnahme dar. Erst die Kündigung führt zur Fälligkeit der Forderung und ermöglicht deren Einziehung. Die Einziehung einer Forderung liegt grundsätzlich im Interesse der Erbengemeinschaft.

Infolgedessen war die Kündigung des Darlehens durch den Mehrheitsbeschluss der Miterben A und B wirksam. Das Darlehen ist fällig und durch den Miterben C in den Nachlass zurückzuführen.

 

Florian Enzensberger

Fachanwalt für Erbrecht

Weilheim/Garmisch-Partenkirchen

 



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