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14.11.2015
Sittenwidrigkeit von Wiederverheiratungsklauseln

Warnung vor völligem Wegfall des Erbrechts des überlebenden Ehegatten

In einer neueren Entscheidung des saarländischen Oberlandesgerichtes (15.10.2014 - Aktenzeichen 5 U 19/13) wird die Frage aufgeworfen, ob Wiederverheiratungsklauseln auch sittenwidrig sein können.

Bei Eheleuten werden häufig in Ehegattentestamenten oder Erbverträgen Wiederverheiratungsklauseln vereinbart bzw. bestimmt. Danach soll im Fall der Wiederheirat entweder die Erbenstellung des überlebenden Ehegatten ganz wegfallen oder aber der eventuell noch vorhandenen Nachlass an die gemeinsamen Kinder oder auch die Kinder des Erstverstorbenen gehen. Diese Motivationslage ist häufig dann der Fall, wenn die Kinder des Erblassers eben nicht aus der Ehe mit dem aktuellen Ehegatten stammen. Es soll aus der Sicht des späteren Erblassers sichergestellt werden, dass das vom Erblasser stammende Vermögen nicht an seinen Kindern vorbei bei einer dritten unbeteiligten Person „landet“.

Diese Intention ist durchaus üblich und nicht unangemessen. Nach der Entscheidung des saarländischen Oberlandesgerichts sind die Erwägungen aus der so genannten Hohenzollernentscheidung des Bundeverfassungsgerichts (NJW 2004, 2008 ff.) aber zu berücksichtigen. Danach kann mit einer solchen Wiederverheiratungsklausel ein einseitiger unzulässiger Druck auf die nach Artikel 6 Abs. 1 GG geschützte Eheschließungsfreiheit ausgeübt werden. Das Ziel mag zwar ehrenwert sein; wenn dies allerdings dazu führt, dass in diesem Fall der überlebende Ehepartner das gesamte Erbe verliert, geht das Verfassungsgericht von einer Sittenwidrigkeit aus.

Expertentipp: Für die Praxis bedeutet das, dass bei der Gestaltung von Wiederverheiratungsklauseln dem überlebenden Ehegatten zumindest sein Pflichtteil, wenn nicht sein gesetzlicher Erbteil verbleiben muss. Wird das nicht beachtet, ist damit zu rechnen, dass künftig die Wiederverheiratungsklauseln gänzlich unwirksam sind. Bei der Gestaltung ist also große Vorsicht geboten.



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