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4.3.2011

Ausschlagung eines Vermächtnisses nicht fristgebunden

Der BGH (Az. IV ZR 230/09) hat am 12.01.2011 entschieden, dass eine entsprechende Anwendung der grundsätzlich sechs-wöchigen Erbausschlagungsfrist gemäß § 1944 BGB auf Vermächtnisse generell und damit auch bei wechselbezüglichen Verfügungen im Sinne von §§ 2270, 2271 BGB nicht in Betracht kommt.

Diesem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein Ehepaar hatte ein gemeinschaftliches Testament errichtet, nach dem beim Tode des Erstversterbenden die gemeinsamen Kinder Erben werden sollten.

Dem überlebenden Ehegatten war anstelle einer Erbenstellung in wechselbezüglicher Weise ein Vermächtnis zugedacht in Form des gesamten beweglichen Vermögens und Sparkonten des Erstverstorbenen. Darüber hinaus sollte der Überlebende ein Nießbrauchsrecht an dem gemeinsamen Haus erhalten.

Im Jahr 2000 verstarb die Ehefrau.

Der Ehemann schlug erst August 2005 das ihm zugewandte Vermächtnis aus, um seine eigenen im gemeinschaftlichen Testament getroffenen Verfügungen gemäß § 2271 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BGB aufheben zu können, da er mittlerweile zu dem Entschluss gekommen war, an dem Ehegattentestament nicht festhalten zu wollen.

Der BGH hat in seinem Urteil klargestellt, dass der überlebende Ehegatte ein Ausschlagungsrecht nicht nur für den Fall hat, dass er Erbe des erstversterbenden Ehegatten wird, sondern - wie in diesem Fall - auch dann, wenn er nur mit einem Vermächtnis bedacht wurde.

Außerdem geht aus der Entscheidung klar hervor, dass die Ausschlagung eines Vermächtnisses im Gegensatz zur Ausschlagung einer Erbschaft nicht fristgebunden ist. Eine entsprechende Anwendung der die Erbschaftsausschlagung betreffenden Regelung des § 1944 BGB auf Vermächtnisse scheidet aus. Dies gilt auch bei wechselbezüglich angeordneten Vermächtnissen im Sinne von §§ 2270, 2271 BGB.

 

Klaus Becker



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