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24.5.2019
Digitaler Nachlass

LG Berlin und Facebook - Zweite Runde

Im Sommer 2018 hat der BGH entschieden: Auch digitaler Nachlass (hier konkret der Zugang zu einem Nutzerkonto bei Facebook) vererbt sich nach den allgemeinen Regelungen.

Der Fall

Dem zugrunde lag der Fall eines 15-jährigen Mädchens, das 2012 in Berlin unter bis jetzt noch ungeklärten Umständen von einer einfahrenden U-Bahn erfasst worden und verstorben ist. Die Eltern wollen aufklären, ob es sich um einen Unfall oder einen Suizid gehandelt hat. Dazu verlangten sie Zugriff auch auf den Facebook-Account, insbesondere die darauf gespeicherten Nachrichten ihrer Tochter. Diesem Verlangen hat der Bundesgerichtshof stattgegeben.

Wie es weiterging…

Im Anschluss daran hat Facebook den Eltern immer noch nicht den Zugang zum Konto ihrer Tochter eingeräumt. Stattdessen wurde den Eltern lediglich ein USB-Stick mit 14.000 PDF-Seiten übergeben. Dies hielten die Eltern nicht für ausreichend.

Die Entscheidung des LG Berlin

Die Eltern und Erben erhielten durch das Landgericht Berlin erneut recht. Das Gericht ordnete ein Zwangsgeld gegen Facebook, ersatzweise Zwangshaft, an und hält fest, dass den Eltern nach dem Urteil des BGH ein vollständiges Zugangsrecht am gesamten Benutzerkonto der Tochter einzuräumen ist und nicht nur die dort gespeicherten Inhalte zu übergeben sind.

Die Eltern müssen den Inhalt des Benutzerkontos gerade so zur Kenntnis nehmen können, wie es eine Person täte, die sich mit dem Kennwort anmeldet. Facebook müsse dazu ein passives, technisch eingeschränktes Zugangsrecht schaffen.

Dies ist Facebook nach Auffassung des Gerichtes auch zumutbar. Zwar haben die Eltern keinen Anspruch darauf, das Konto ihrer Tochter weiterzuführen. Sie dürfen aber Zugang zu dem Nutzerkonto verlangen. Die Bereitstellung eines USB-Sticks sei jedoch keine Zugangsgewährung.

Was lernen wir daraus?

Die Entscheidung behandelt einen konkreten Einzelfall, insbesondere was technische Ausgestaltung, Plattform und Nutzer-Account betrifft. Ob und wie diese Grundsätze auch in anderen Situationen anwendbar sind, bleibt abzuwarten.

Dennoch hat das Landgericht die Rechte der Erben insofern gestärkt, dass Facebook und in der Regel wohl auch andere Anbieter nicht Daten zur Verfügung stellen, sondern den Zugang zum Konto selbst gewährleisten müssen.

Das Verfahren zeigt, dass gerade große Onlineplattformen sich mit allen Mitteln gegen Ansprüche zur Bereitstellung von Informationen und zur Zugangsgewährung wehren. Vorsorge ist daher insbesondere für den digitalen Nachlass dringend geboten. Der digitale Nachlass wird in der Praxis immer relevanter.

RA Franz-Georg Lauck, Fachanwalt für Erbrecht in Dresden, empfiehlt daher:

 

  1. Jeder muss klären, was mit seinen Daten geschehen soll: Wer soll Zugriff erhalten? Sollen diese gesichert oder gelöscht werden?
  2. Sollen die gesetzlichen Erben Zugriff bekommen, so sind grundsätzlich keine Regelungen erforderlich. Möchten Sie anderen Personen Ihr (digitales) Vermögen vermachen, so müssen Sie diejenigen als Erben bestimmen.
  3. Sollen nur bestimmte Personen Zugriff auf bestimmte Daten erhalten oder bestimmte Daten in Unkenntnis der Erben vernichtet werden, müssen für den Todesfall konkrete Regelungen getroffen werden, die dies sicherstellen: z.B. die Benennung eines Testamentsvollstreckers.
  4. Ein weiterer Fall ist regelungsbedürftig: Die vorübergehende oder dauernde Handlungsunfähigkeit aufgrund Unfalls oder Krankheit. Nötig ist es, im Rahmen einer Vorsorge- oder Spezialvollmacht zu klären, wer Ihre digitalen Angelegenheiten regeln soll. Dies gilt ganz besonders für Personen, deren berufliche Tätigkeit an E-Mail-Kontakte und digitale Daten geknüpft ist.
  5. Um dem Erben, Testamentsvollstrecker oder Bevollmächtigten die Arbeit zu erleichtern sollten Sie Zugangsdaten und Passwörter analog oder digital verwalten und so aufbewahren, dass die Vertrauensperson im Fall der Fälle Zugriff auf diese Daten erhalten kann. Andernfalls droht ein langwieriger Streit mit dem jeweiligen Anbieter.


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