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23.09.2016
Das Recht eines Elternteils, für ein minderjähriges Kind eine Erbschaft auszuschlagen, kann wirksam ausgeschlossen werden

Beschränkung des Sorgerechts für ererbtes Vermögen

Ein Erblasser, der ein minderjähriges Kind zu seinem Erben einsetzt, kann ein Interesse daran haben, dass sorgeberechtigte Personen von der Verwaltung dieses Vermögens ausgeschlossen sind. Zumeist ist dieses Interesse gegeben, wenn sich Eltern eines minderjährigen Kindes getrennt haben und einander nicht mehr vertrauen.

Entzug des Rechts der Vermögensverwaltung im Testament

Der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 29.06.2016 – Az.: ZB 300/15) hatte einen Fall zu entscheiden, in dem nicht miteinander verheiratete Eltern ein gemeinsames minderjähriges Kind hatten. Der Vater hatte ein Testament errichtet, in dem er seinen Sohn und seine eigene Schwester zu Miterben zu 1/2 eingesetzt hatte. Zudem hat er in seinem Testament bestimmt, dass die Mutter des Sohnes von der Verwaltung des von ihm ererben Vermögens ausgeschlossen sei. Zum Zeitpunkt seines Todesfalls war sein Sohn noch minderjährig.

Keine Ausschlagung der Erbschaft bei Einschränkung des Rechts auf Vermögensverwaltung

Die Mutter, die das alleinige Sorgerecht für ihren Sohn nach dem Ableben des Vaters hatte, schlug im Namen des Kindes die Erbschaft nach dessen Vater aus. Der Bundesgerichtshof hat als dritte Instanz in dem Verfahren entschieden, dass die Mutter trotz des bestehenden Sorgerechtes nicht das Recht hatte, die Erbschaft für ihren Sohn auszuschlagen.

Ausschlagungsrecht fällt in den Bereich der Vermögenssorge

Entscheidend war die Frage, ob durch die im BGB § 1638 BGB vorgesehene Möglichkeit, die Vermögensverwaltung eines sorgeberechtigten Elternteils im Testament zu beschränken, sich auch auf das Recht bezieht, die Erbschaft selbst auszuschlagen. Dies war lange Zeit in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Es wurde die Auffassung vertreten, dass die Ausschlagung einer Erbschaft dem Bereich der Personensorge zuzurechnen und daher die durch § 1638 BGB mögliche Beschränkung der Vermögenssorge nicht umfasst sei.

Dieser Auffassung widersprach der Bundesgerichtshof und stellte klar, dass nicht nur die Verwaltung des Vermögens, sondern auch das Ausschlagungsrecht in Bezug auf eine Erbschaft dem Bereich der Vermögenssorge eines Elternteils zuzurechnen sei. Werde einem sorgeberechtigten Elternteil die Vermögensverwaltung entzogen, sei ihm damit auch die Ausschlagung der Erbschaft für das Kind verwehrt.

Praxishinweis des Fachanwalts für Erbrecht Joachim Mohr

Die Möglichkeit, testamentarisch die Vermögensverwaltung einem sorgeberechtigten Elternteil zu entziehen, hat mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs noch wesentlich an Gewicht gewonnen. Sie kann immer dann in Betracht kommen, wenn der sorgeberechtigte Elternteil Anlass zur Sorge gibt, er werde das Vermögen, dass sein Kind erbt, nicht im Interesse des Kindes verwalten. Die Anordnung kann nicht nur von einem Elternteil in einem Testament erfolgen, sondern von jedem Erblasser, also bspw. auch von Großeltern oder nicht mit einem Kind verwandte Personen, wie Paten.



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