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27.10.2017

OLG Frankfurt a. M.: Auslegung einer Zuwendung "zu einem guten Zweck" als Erbeinsetzung

Das OLG Frankfurt a. M. hat mit Beschluss vom 04.07.2017 - 20 W 343/15, entschieden, dass eine testamentarische Zuwendung an eine noch zu errichtende Stiftung zu einem „guten Zweck“ nicht als Erbeinsetzung der Heimatgemeinde der Erblasserin angesehen werden kann, wenn dazu keine weiteren Hinweise vorliegen.

Der Sachverhalt

Die Erblasserin und ihr vorverstorbener Ehegatte hatten gemeinsam ein notarielles Testament errichtet, in welchem sie sich gegenseitig als Erben eingesetzt, aber keine Schlusserben bestimmt hatten.

Kinder hatten die Eheleute nicht. Die Eltern der Erblasserin und Ihr einziger Bruder sind vorverstorben.

Die Erblasserin hat zwei inhaltsgleiche Testamente mit folgendem Wortlaut errichtet:

„Mein letzter Wille ist es, daß nach meinem Tod aus meinem Nachlass mein Neffe … meine Nichte …,  meine Nichten … je € 10.000.- erben sollen. Meine Eigentums-Wohnungen in … sollen meistbietend verkauft werden. Mein Vermögen soll in eine Stiftung für einen guten Zweck eingehen und ein Teil zur Sanierung eines sakralen Baues. Ich hoffe, später noch nähere Anweisungen erteilen zu können. Die in meinen Wohnungen befindlichen Sachen sollen je nach Interesse unter die aufgeführten Verwandten verteilt werden, der zum Teil sehr wertvolle Schmuck ebenfalls …."

Ein Nachlasspfleger wurde bestellt, welcher die Erben ermitteln sollte. Nach dessen Ansicht sei die Heimatgemeinde der Erblasserin als Alleinerbin anzusehen, mit der Auflage das Erbe für einen guten Zweck, also insbesondere einen Teil zur Sanierung eines sakralen Baues zu verwenden. Dagegen wenden sich die Kinder des Bruders der Erblasserin.

Die Entscheidung

Der Senat lehnt eine Erbeinsetzung der Gemeinde ab.

Testierwillen

Der Senat lässt zunächst offen, ob die Erblasserin bei der Errichtung ihrer Testamente mit Testierwillen handelte, auch wenn die Formulierungen „Mein Vermögen soll in eine Stiftung für einen guten Zweck eingehen und ein Teil zur Sanierung eines sakralen Baues“ in Verbindung mit dem Zusatz „Ich hoffe, später noch nähere Anweisungen erteilen zu können“ Raum für Zweifel lassen.

Auslegung des Testaments

Zunächst ist eine namentliche Erwähnung des eingesetzten Erben nicht zwingend erforderlich. Dann aber muss der Bedachte zur Zeit des Erbfalles durch eine sachkundige Person anhand objektiver Kriterien benennbar sein. Für eine Willkür eines Dritten darf kein Raum bleiben.

Aus dem Testament der Erblasserin ergibt sich aber kein Hinweis auf die Erbeinsetzung der Gemeinde als örtlicher Träger der Sozialhilfe. Der sakrale Bezug und der Wunsch der Einbringung des Erbes in eine Stiftung weist gerade nicht auf die Gemeinde hin. 

Ergänzende Testamentsauslegung

Auch eine solche ergänzende Auslegung ist nicht möglich, denn eine unbewusste, planwidrige Regelungslücke ist zweifelhaft aufgrund der ausdrücklichen Formulierung der Erblasserin („Ich hoffe, später noch nähere Anweisungen erteilen zu können“). Denn der Erblasserin könnte auch bewusst gewesen sein, dass sie noch keinen Erben eingesetzt habe. Dann darf diese bewusste Offenlassung aber nicht durch eine ergänzende Auslegung gefüllt werden.

Bezeichnung „für einen guten Zweck“

Bei Auslegung des Testaments sind viele „gute Zwecke“ denkbar. Auch eine analoge Anwendung des § 2072 BGB greift hier nicht, denn eine Zuwendung an Arme ergibt sich aus dem letzten Willen der Erblasserin nicht.

Expertentipp

RA Franz-Georg Lauck, Fachanwalt für Erbrecht in Dresden, empfiehlt daher:

  1. In Testamenten sollten die gewünschten Erben namentlich erwähnt werden.

    Allgemeine Wünsche oder Absichtserklärungen reichen zur Festlegung der Erben nicht aus.
  2. Kann keine namentliche Benennung erfolgen, so müssen die Erben zumindest so konkret beschrieben werden, dass diese von jeder sachkundigen Person zweifelsfrei bestimmt werden können.
    Angaben wie, „Erbe soll derjenige sein, der sich um mich kümmert“, sind nicht ausreichend konkret genug.

  3. Um seine erbrechtlichen Ziele rechtssicher erreichen zu können, empfiehlt sich regelmäßig die Beratung durch einen erbrechtlich versierten (Fach-)Anwalt.


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