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9.9.2005

Pflegeheim muss künstliche Ernährung eines Bewohners auf Wunsch des Betreuers abbrechen

Verlangt der Betreuer, dass eine künstliche Ernährung des betreuten Patienten nicht mehr fortgeführt wird, so kann das Pflegeheim sich dieser Anordnung nicht widersetzen. Dies hat der Bundesgerichtshof per Beschluss entschieden. Ein Verweigerungsrecht des Heims scheide jedenfalls dann aus, wenn Betreuer und behandelnder Arzt übereinstimmend den Abbruch der künstlichen Ernährung beschlossen haben (Beschluss vom 08.06.2005; Az.: XII ZR 177/03, NJW 2005, 2385).

Zu Grunde lag dieser Entscheidung der Falle eines nach einem Selbstmordversuch ins Koma gefallenen Mannes, der seither durch Magensonde ernährt wurde. Nach circa drei Jahren ordnete der behandelnde Arzt im Einvernehmen mit dem Betreuer des Klägers an, dessen künstliche Ernährung einzustellen und die Zuführung von Flüssigkeit über die Magensonde zu reduzieren. Infolge dieser Anordnung wäre der Kläger binnen maximal zehn Tagen an einer Nierenvergiftung gestorben. Die Pflegekräfte verweigerten die Umsetzung dieser Entscheidung.

Der Bundesgerichtshof begründete seine Entscheidung damit, dass er feststellte, die Ernährung über eine Magensonde stelle einen Eingriff in die körperliche Integrität des Patienten dar, was seiner Einwilligung bedürfe. Zwangsmaßnahmen ohne Einwilligung des Patienten seien auch dann unzulässig, wenn sie lebenderhaltend wirkten. Könne der Patient selbst seine Meinung nicht mehr äußern und ist für ihn ein Betreuer bestellt, kommt es auf die Einwilligung des Betreuers an. Verweigert dieser eine Einwilligung innerhalb seines Aufgabenkreises, ist seine Entscheidung für Ärzte und Pflegepersonal bindend. Dies gilt auch dann, wenn eine Dauerbehandlung abgebrochen werden soll.



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