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Erbrecht in Italien

Das Erbrecht in Italien ist grundsätzlich im italienischen Zivilgesetzbuch (codice civile) geregelt und unterscheidet sich deutlich von den Regelungen in anderen Ländern. Nachfolgend finden Sie einen kurzen Überblick über das Erbrecht in Italien. 

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Autor dieser Seite:

Karin Mayrl
Rechtsanwältin für Erbrecht in Bozen

1. Gesetzliche Erbfolge in Italien: Wer erbt, wenn kein Testament vorhanden ist?

In Italien tritt die gesetzliche Erbfolge ein, falls der Erblasser kein Testament hinterlässt, falls das Testament keine vermögensrechtlichen Bestimmungen enthält oder falls es für nichtig erklärt wird. Falls der Erblasser in seinem Testament nur über einen Teil seiner Güter verfügt, tritt für sein restliches Vermögen ergänzend die gesetzliche Erbfolge ein.

Grundsätzlich sind bei der gesetzlichen Erbfolge in Italien der/die Ehegatte/in und die Kinder bzw. bei deren Fehlen die nächsten Verwandten bis zum 6. Verwandtschaftsgrad zur Erbschaft berufen. Gibt es keine Verwandte, erbt zuletzt der Staat. Kinder schließen alle weiteren Verwandten aus, nicht jedoch den/die Ehegatten/in. Auf jeden Fall steht der/dem hinterbliebenen Ehegatten/in das gesetzliche Wohnrecht in der gemeinsamen Familienwohnung zu.

2. Wie erstellt man ein Testament in Italien?

In Italien sind das eigenhändig geschriebene Testament und das notarielle Testament, welches öffentlich oder geheim sein kann, die üblichen Testamentsformen. 

Wie der Name erkennen lässt, muss das eigenhändig geschriebene Testament vom Erblasser zur Gänze mit der Hand geschrieben sowie mit Datum versehen und am Ende der Verfügungen unterschrieben werden. 

Aus praktischen Gründen ist es ratsam, einen sicheren, aber auch zugänglichen Ort für die Verwahrung des eigenhändig geschriebenen Testaments zu wählen und Vertrauenspersonen (ev. auch Begünstigte) über den Ort der Verwahrung zu informieren. Sobald der Erbfall eintritt, muss das Testament zu einem Notar gebracht und von diesem veröffentlicht werden.

Das notarielle öffentliche Testament wird vom Notar in Gegenwart von zwei Zeugen aufgenommen. Der Erblasser erklärt in Gegenwart der Zeugen dem Notar seinen Willen, der durch den Notar schriftlich festgehalten wird. Anschließend liest dieser in Gegenwart der Zeugen das Testament dem Erblasser vor. Jede dieser Förmlichkeiten wird im Testament vermerkt.

Verfasst der Erblasser ein notarielles geheimes Testament, muss dieses mit einem Stempel versiegelt werden und in Anwesenheit von zwei Zeugen einem Notar übergeben werden, der eine Urkunde über die Aufnahme verfasst. 

Die italienische Gesetzgebung zielt darauf ab, dem Erblasser größtmögliche Freiheit in der Gestaltung des letzten Willens zu sichern. Ein älteres Testament kann jederzeit durch ein neueres Testament ersetzt werden. In Italien sind gemeinschaftliche und gegenseitige Testamente unzulässig.

3. Gibt es in Italien einen Pflichtteilsanspruch?

Im italienischen Erbrecht stehen den Kindern, dem/der Ehegatten/in und – falls keine Kinder vorhanden sind – den Vorfahren bestimmte Pflichtteile zu, deren Höhe je nach Familiensituation unterschiedlich ausfällt. Ein Teil der Erbmasse bildet hingegen immer den frei verfügbaren Teil. 

Auch wenn der Erblasser durch seine letztwilligen Verfügungen oder durch Schenkungen zu Lebzeiten Pflichtteile verletzt, ist das Testament gültig, jedoch können Pflichtteilsberechtigte innerhalb von 10 Jahren ab dem Todestag eine Kürzungsklage einreichen. Dabei müssen die Pflichtteilsberechtigten jene Werte, die sie vom Erblasser durch Schenkung oder Vermächtnis erhalten haben, auf ihren Pflichtteil anrechnen, es sei denn, der Erblasser hat sie von der Anrechnung befreit. 

Eine Enterbung kann den Pflichtteilsberechtigten nicht entgegengehalten werden.

 

4. Lebzeitige Vermögensübertragungen und Auswirkungen auf den Pflichtteil

Die Werte von Schenkungen zu Lebzeiten fließen in die Berechnung der Erbmasse ein und sind daher in Italien auch für die Ermittlung des Pflichtteils bzw. des frei verfügbaren Teils relevant. Dabei ist es unerheblich, wie lange die Schenkung zurückliegt. 

Schenkungen müssen durch notarielle Urkunde und in Anwesenheit von zwei Zeugen erfolgen, außer es handelt sich um Schenkungen von mäßigem Wert. Werden die Formvorschriften nicht eingehalten, ist die Schenkung nichtig. Dies gilt auch für die Schenkung von Geldbeträgen.

5. Die Annahme des Erbes in Italien

Die zur Erbschaft berufenen Personen werden erst durch eine ausdrückliche oder stillschweigende Annahme der Erbschaft zu Erben. Konkludentes Handeln, wie z.B. die Einforderung der Miete einer vom Erblasser vermieteten Wohnung oder die Tilgung von Verbindlichkeiten des Erblassers mit dessen Geld, können eine stillschweigende Annahme der Erbschaft darstellen. 

Die Annahme der Erbschaft muss innerhalb von 10 Jahren ab dem Todestag erfolgen. 

Vollkommen übergangene Pflichtteilsberechtigte erlangen erst durch ein rechtskräftiges Urteil, das die Erbeigenschaft feststellt, Erbenstellung. 

Wer die Erbschaft angenommen hat, kann gegenüber seinen Miterben immer die Teilung verlangen. 

Im Unterschied zu den Erben, erwirbt ein Vermächtnisnehmer die vermachte Sache, ohne dass es einer Annahme bedarf, unbeschadet seiner Befugnis das Vermächtnis auszuschlagen.

6. Erbnachweis und Übertragung von Immobilien im Erbwege in Italien

Wer Erbe ist, kann seine Erbeigenschaft in Italien durch eine „Ersatzerklärung anstelle des Notorietätsaktes“ vor einem Beamten einer italienischen Gemeinde (im Ausland bei einem italienischen Generalkonsulat) oder durch einen Notorietätsakt beim Notar selbst erklären und so nachweisen.

Innerhalb eines Jahres ab dem Tod des Erblassers muss die Erbschaftsmeldung bei der Agentur der Einnahmen (ital. Steuerbehörde) eingereicht werden. Dieser Vorgang dient der steuerlichen Erfassung des Nachlasses. 

Soweit Immobilien hinterlassen werden, kann die Umschreibung im Kataster im Zuge der Erbschaftsmeldung erfolgen (mit Ausnahme der Immobilien in den Gebieten, in denen das Grundbuchsystem gilt). 

Unabhängig von der Erbschaftssteuer fallen für die Umschreibung der Immobilien eine Hypothekarsteuer in Höhe von 2 % und eine Katastersteuer in Höhe von 1 % des Katasterwerts an. 

In den Gebieten, in denen das Grundbuchsystem gilt, kann die Eintragung ins Grundbuch aufgrund eines in Italien erlassenen Erbscheins oder aufgrund eines Europäischen Nachlasszeugnisses beantragt werden. 

7. Wann fallen Erbschaftssteuern an und wie hoch sind sie?

Wer durch eine Erbschaft begünstigt wird, zahlt in Italien folgende Steuersätze für die Erbschaftssteuer: 

  • Ehepartner, Kinder und weitere Verwandte in direkter Linie (Vorfahren und Nachkommen): Freibetrag von 1 Million Euro pro Begünstigte/n, für den darüberliegenden Betrag: 4% Erbschaftssteuer
  • Geschwister: Freibetrag von 100.000 Euro pro Begünstigte/n, für den darüberliegenden Betrag: 6% Erbschaftssteuer
  • Andere Verwandte bis zum 4. Verwandtschaftsgrad, Verschwägerte in direkter Linie und Verschwägerte in der Seitenlinie bis zum 3. Grad: 6% Erbschaftssteuer
  • alle anderen Begünstigten: 8% Erbschaftssteuer
  • ein Freibetrag von 1,5 Millionen Euro kommt jenen Begünstigten zugute, die eine schwere Beeinträchtigung aufweisen.

8. Haftung beschränken oder Nachlass ausschlagen: Was tun bei überschuldetem Erbe in Italien?

Um die Haftung für Schulden des Erblassers auf den Wert jener Güter zu beschränken, die der Erbe durch die Erbschaft erhält, muss die Erbschaft mit Vorbehalt der Inventarerrichtung angenommen werden. 

Wer nicht im Besitz der Erbschaftsgüter ist, kann die Erklärung über die Annahme mit Vorbehalt der Inventarerrichtung innerhalb von 10 Jahren ab dem Todestag abgeben. Innerhalb von weiteren drei Monaten muss anschließend das Inventar errichtet werden. 

Wer hingegen im Besitz der Erbschaftsgüter ist, muss innerhalb von drei Monaten ab dem Todestag das Inventar errichten. Nach Errichtung des Inventars hat der Berufene, der die Annahme mit Vorbehalt der Inventarerrichtung noch nicht abgegeben hat, eine Frist von vierzig Tagen vom Tag der Errichtung des Inventars an, um darüber zu entscheiden, ob er die Erbschaft annimmt oder ausschlägt. 

War der Erblasser überschuldet, kann unter Umständen die Ausschlagung der Erbschaft sinnvoll sein. Wer die Erbschaft ausschlägt, wird so betrachtet, als ob er nie dazu berufen worden wäre, darf aber die Schenkungen behalten oder die Herausgabe eines Vermächtnisses zu seinen Gunsten verlangen.

Sobald jemand die Erbschaft ausdrücklich oder stillschweigend angenommen hat, kann er das Erbe nachträglich nicht mehr ausschlagen oder mit Vorbehalt der Inventarerrichtung annehmen. Wer zu einer Erbschaft berufen ist und befürchtet, dass diese überschuldet ist, tut gut daran, Handlungen zu vermeiden, die eine stillschweigende und somit unbeschränkte Annahme der Erbschaft bewirken.

9. Was kostet ein Rechtsanwalt und wie finde ich einen?

In Italien gibt es eine Tarifordnung, die sich grundsätzlich am Streitwert orientiert, gleichzeitig aber auch Mindest- und Höchsttarife vorsieht. Außerdem können weitere Faktoren wie z.B. die Komplexität des Falls, die Anzahl der Parteien u.s.w. die Höhe des Honorars beeinflussen. 

Die Tarifordnung sieht auch die Möglichkeit vor, ein Stundenhonorar zu vereinbaren. 

Die Kontaktdaten der Rechtsanwälte gehen aus den Berufsverzeichnissen der Rechtsanwaltskammern hervor, die auch online abgerufen werden können.

10. Länderspezifische Besonderheiten im Erbrecht: Was Sie wissen müssen

In der Regel muss die Erbschaftsmeldung, die der steuerlichen Erfassung des Nachlasses dient, innerhalb eines Jahres ab dem Tod des Erblassers bei der Agentur der Einnahmen eingereicht werden.

Anders als in Deutschland, gibt es in Italien kein eigenes Nachlassgericht.

Jede/r zur Erbschaft Berufene muss selbst tätig werden und sich im Falle einer Annahme um die Abwicklung der Erbschaft kümmern (z.B. Veröffentlichung des Testaments, Einreichung der Erbschaftsmeldung, Umschreibungen, Kontaktierung von Banken, Durchsetzung von Ansprüchen u.s.w.).

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