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Erbrecht in Portugal: Gesetzliche Erbfolge, Pflichtteil & Testament auf einen Blick

Sie haben geerbt oder möchten ein Testament mit Bezug zu Portugal errichten? Dann sollten Sie Folgendes wissen: Das portugiesische Erbrecht unterscheidet sich in mehreren wichtigen Punkten vom deutschen. Große Unterschiede sind darüber hinaus im ehelichen Güterrecht zu finden, das im Vorfeld erbrechtlicher Fragen zu berücksichtigen ist.  Wer hier frühzeitig handelt, kann Rechtssicherheit schaffen, sowie langwierige Verfahren, unnötige Steuerlasten und familiäre Konflikte vermeiden.

In diesem Beitrag erfahren Sie unter anderem:

  • Wer ohne Testament in Portugal erbt
  • Wie Pflichtteil (legítima) und Noterbrecht in Portugal geregelt sind
  • Wie ein Testament nach portugiesischem Recht errichtet wird
  • Was bei Nachlass, Grundbucheintragung oder Ausschlagung zu beachten ist
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Autorin dieser Seite:

Cristina Dein
Rechtsanwältin für Erbrecht in Lissabon

1. Wer erbt in Portugal ohne Testament?

Liegt kein Testament vor – oder ist dieses unwirksam –, greift die gesetzliche Erbfolge. Das portugiesische Erbrecht unterscheidet dabei fünf Ordnungen von Erben. Die Erben der höheren Ordnung schließen diejenigen der nachfolgenden Ordnungen aus. Innerhalb einer Ordnung erben die Verwandten näheren Grades vorrangig.

Die gesetzliche Erbfolge in Portugal im Überblick:

  • 1. Ordnung: Ehegatte und Abkömmlinge (z. B. Kinder, Enkel) erben gemeinsam.
  • 2. Ordnung: Gibt es keine Abkömmlinge, erbt der Ehegatte gemeinsam mit den Aszendenten (z. B. Eltern, Großeltern).
  • 3. Ordnung: Sind weder Ehegatte, Abkömmlinge noch Aszendenten vorhanden, erben die Geschwister des Erblassers und deren Abkömmlinge.
  • 4. Ordnung: Fehlen auch diese, treten Seitenverwandte bis zum vierten Grad ein (z. B. Cousins, Großneffen).
  • 5. Ordnung: Gibt es keine Erben, fällt der Nachlass an den portugiesischen Staat.

2. Testament in Portugal: Welche Formen sind erlaubt?

Das portugiesische Erbrecht kennt verschiedene Formen, ein Testament zu errichten. Am gebräuchlichsten ist das öffentliche Testament, das direkt von einem Notar aufgenommen und beurkundet wird.

Daneben gibt es das verschlossene Testament (testamento cerrado). Dieses wird entweder vom Erblasser selbst geschrieben und unterschrieben oder auf dessen Wunsch von einer anderen Person verfasst. In jedem Fall muss es anschließend notariell genehmigt werden. Die Aufbewahrung kann beim Notar, beim Erblasser selbst oder bei einer dritten Person erfolgen.

Wichtig zu wissen: Das gemeinschaftliche Testament – wie das in Deutschland bekannte Berliner Testament – ist im portugiesischen Recht nicht zulässig.

3. Pflichtteil in Portugal – was bedeutet das Noterbrecht?

Das portugiesische Erbrecht kennt ein strenges Pflichtteilsrecht, das auch als Noterbrecht bezeichnet wird. Bestimmte nahe Angehörige – nämlich Ehegatten, Abkömmlinge (z. B. Kinder, Enkel) und Aszendenten (z. B. Eltern, Großeltern) – sind als sogenannte Noterben gesetzlich besonders geschützt. Sie können grundsätzlich nicht vollständig enterbt werden.

Die Höhe des Pflichtteils hängt davon ab, welche Noterben im konkreten Fall vorhanden sind. Der geschützte Anteil beträgt mindestens ein Drittel und höchstens zwei Drittel des Nachlasses. Über diesen Teil kann der Erblasser nicht frei verfügen – weder durch Testament noch durch Schenkung zu Lebzeiten.

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4. Werden lebzeitige Schenkungen in Portugal beim Pflichtteil angerechnet?

Ja. Schenkungen zu Lebzeiten des Erblassers werden in Portugal grundsätzlich bei der Bestimmung  des Pflichtteils zugrunde gelegt. Dabei gibt es – anders als im deutschen Recht – keine zeitliche Begrenzung: Auch sehr weit zurückliegende Schenkungen können für die Berechnung des Noterbrechts relevant sein.

5. Erbschaft in Portugal geltend machen: So geht’s

Wer in Portugal erbt, muss seine Erbenstellung nachweisen – entweder durch einen portugiesischen Erbschein oder das Europäische Nachlasszeugnis.

  • Der portugiesische Erbschein wird in der Regel von einem Notar ausgestellt.
  • Auch das Europäische Nachlasszeugnis kann seit einiger Zeit bei portugiesischen Notaren sowie bestimmten Verwaltungsbehörden beantragt werden.
  • Die Gebühren für beide Dokumente sind vergleichsweise gering und unabhängig vom Wert des Nachlasses.

Kommt es zwischen den Erben zu keiner Einigung, kann ein gerichtliches Verfahren zur Feststellung und Aufteilung des Nachlasses eingeleitet werden – das sogenannte processo de inventário. Dieses Verfahren wird entweder vor einem Zivilgericht oder von einem Notar durchgeführt.

6. Immobilie geerbt: So funktioniert die Grundbucheintragung in Portugal

Wer in Portugal eine Immobilie erbt, kann sich ins Grundbuch eintragen lassen. Voraussetzung ist ein rechtlich anerkannter Nachweis der Erbenstellung – etwa durch:

  • einen portugiesischen Erbschein oder
  • ein Europäisches Nachlasszeugnis

Die Eintragung erfolgt auf Grundlage dieses sogenannten „Titels“.

Stempelsteuer statt Erbschaftsteuer

In Portugal gibt es keine klassische Erbschaftsteuer. Stattdessen fällt eine Stempelsteuer (Imposto do Selo) in Höhe von 10 % an. Dabei gilt:

  • Maßgeblich ist nicht der Verkehrswert, sondern der vom Finanzamt festgelegte steuerliche Vermögenswert der Immobilie.
  • Ehegatten, Abkömmlinge und Aszendenten sind im Erbfall von der Stempelsteuer befreit.

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7. Wann fällt in Portugal Erbschaftsteuer an – und wie hoch ist sie?

In Portugal gibt es keine klassische Erbschaftsteuer wie in Deutschland. Stattdessen wird der Erwerb von Todes wegen mit einer Stempelsteuer (Imposto do Selo) belegt.

Der Steuersatz beträgt pauschal 10 % – unabhängig vom Wert des Nachlasses oder dem Verwandtschaftsgrad.

Wer ist von der Stempelsteuer befreit?

Ehegatten, Abkömmlinge (z. B. Kinder, Enkel) sowie Aszendenten (z. B. Eltern, Großeltern) sind im Erbfall vollständig von der Stempelsteuer befreit.

Besonderheit bei Immobilien

Bei der Vererbung von Immobilien wird nicht der aktuelle Marktwert, sondern der vom Finanzamt festgelegte steuerliche Vermögenswert als Bemessungsgrundlage herangezogen.  Es muss kein Wertgutachten vorgelegt werden.

8. Überschuldetes Erbe in Portugal: Ausschlagen oder Haftung beschränken?

Wer in Portugal eine Erbschaft erhält, muss sie nicht uneingeschränkt annehmen – vor allem dann nicht, wenn der Nachlass überschuldet ist. Es gibt zwei Möglichkeiten:

  1. Erbschaft unter Vorbehalt der Inventarerrichtung annehmen

In diesem Fall haften die Erben nur mit dem im Inventar aufgeführten Vermögen für Schulden und Nachlasskosten. Weitere Vermögenswerte müssen von Gläubigern oder Vermächtnisnehmern nachgewiesen werden.

  1. Erbschaft ausschlagen

Die Erbschaft kann auch vollständig ausgeschlagen werden. Die Ausschlagung wirkt rückwirkend auf den Zeitpunkt der Eröffnung – so, als hätte der Erbe das Erbe nie angenommen.

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9. Rechtsanwalt für Erbrecht in Portugal finden: Persönliche Beratung mit Erfahrung

Erbfälle mit Bezug zu Portugal sind oft komplex – insbesondere, wenn deutsches und portugiesisches Recht zusammentreffen. Umso wichtiger ist eine kompetente anwaltliche Begleitung.

  • Die Deutsche Botschaft in Lissabon bietet auf ihrer Website eine Übersicht deutschsprachiger Anwältinnen und Anwälte, die in Portugal tätig sind.

Bei NDEEX arbeitet unter anderem die erfahrene portugiesische Rechtsanwältin (Advogada) Cristina Dein aus Lissabon mit. Sie ist in Portugal als Advogada zugelassen und auf grenzüberschreitende Erbfälle spezialisiert. Als langjährige Prozessanwältin betreut sie Mandate mit Bezug zu  portugiesischem Erbrecht und Anknüpfungspunkten zum deutschen– sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich. Sie studierte Rechtswissenschaften in Portugal und Deutschland, ist Mitglied relevanter Netzwerke und berät auf Deutsch, Englisch, Französisch und Portugiesisch.

10. Portugiesisches vs. deutsches Erbrecht: Die wichtigsten Unterschiede

Das portugiesische Erbrecht unterscheidet sich in mehreren Punkten deutlich vom deutschen. Wer einen Erbfall in Portugal regeln muss, sollte diese Besonderheiten kennen:

Frist zur Erbfallmeldung

In Portugal muss der Erbfall samt Nachlasszusammensetzung innerhalb von drei Monaten nach dem Todesmonat beim portugiesischen Finanzamt gemeldet werden. Diese Pflicht besteht auch, wenn keine Erbschaftsteuer anfällt.

Nachlassverwaltung durch nahe Angehörige

Die Verwaltung des Nachlasses übernimmt per Gesetz der sogenannte Nachlassverwalter (cabeça-de-casal) – meist ein naher Verwandter. Er handelt unentgeltlich. Alternativ kann ein Testamentvollstrecker eingesetzt werden.
Eine gerichtliche Nachlassverwaltung ist nur vorgesehen, wenn akute Streitgefahr oder Rechtsunsicherheit besteht – in der Praxis kommt sie kaum vor.

Erbschaftsannahme: lange Frist

Im Gegensatz zum deutschen Recht verfristet die Möglichkeit zur Annahme des  Erbes  in Portugal erst nach Ablauf von zehn Jahren – gerechnet ab dem Zeitpunkt, an dem der Erbe von seiner Berufung Kenntnis erlangt hat.

Noterbrecht = echtes Erbrecht

Das portugiesische Noterbrecht ist dinglich ausgestaltet. Noterben (z. B. Kinder, Ehegatten, Eltern) haben einen direkten Anspruch am Nachlass, nicht nur eine Geldforderung gegen andere Erben – wie es beim Pflichtteil in Deutschland der Fall ist.

Zentrales Testamentsregister

Portugal führt ein zentrales Register, in dem die Existenz von Testamenten und Erbausschlagungen vermerkt wird – ein wichtiger Unterschied zum deutschen System.

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Cristina Dein, deutschsprachige portugiesische Rechtsanwältin (Advogada) in Lissabon, berät Sie kompetent und persönlich in allen Fragen rund um das portugiesische Erbrecht – auch bei grenzüberschreitenden Fällen mit deutschem Bezug.

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