Erbrecht in Slowenien
Laut herrschender Meinung in Slowenien sollte das slowenische System des Zivilrechts dem germanischen Rechtskreis gehören. Gerade beim Erbrecht kann man jedoch diese These in Frage stellen, da die Unterschiede zum deutschen Erbrecht recht groß sind. Dieser Beitrag soll dem Leser einen Überblick über die wesentlichen Merkmale slowenischen Erbrechts bieten, die bei der Planung oder Abwicklung eines Erbfalles mit Bezug zu Slowenien dienlich sein können.
Autor dieser Seite: Mag. Andrej Andrić, LL. M. (Heidelberg), Rechtsanwalt in Ljubljana, unabhängiger Schiedsrichter, öffentlich bestellter und beeidigter Gerichtsdolmetscher und -Übersetzer für die deutsche Sprache
Wurde kein Testament errichtet, richtet sich die gesetzliche Erbfolge nach dem slowenischen Erbschaftsgesetz. Dies umfasst die erste, zweite und gegebenenfalls dritte erbrechtliche Ordnung. Zu den gesetzlichen Erben erster Ordnung gehören der Ehepartner oder der Lebensgefährte sowie die Abkömmlinge des Erblassers. Diese Personen erben zu gleichen Teilen. Die Anteile können seitens des Gerichts in Abhängigkeit von den Vermögensverhältnissen und der Unterhaltsbedürftigkeit der Erben dieser Ordnung auch geändert werden. Dies kann sogar dazu führen, dass der Ehepartner beziehungsweise der Lebensgefährte die ganze Erbschaft erbt und die anderen Erben ausgeschlossen bleiben. Hat der Erblasser keine Abkömmlinge hinterlassen, kommt die zweite gesetzliche Ordnung zum Tragen. Diese umfasst den Ehepartner beziehungsweise den Lebensgefährten einerseits, welcher dann zur Hälfte erbt, während die andere Hälfte von den Eltern des Erblassers zu gleichen Teilen geerbt wird. Leben diese nicht mehr, treten deren Abkömmlinge an ihre Stelle. Gibt es keine Erben der zweiten Ordnung, so erben die Großmütter und Großväter als Erben dritter gesetzlicher Ordnung. Die Erbschaft fällt zur Hälfte an die Großeltern der mütterlichen Linie, zur anderen Hälfte an die Großeltern der väterlichen Linie. Die Großeltern einer Linie teilen sich zu gleichen Teilen. Ist ein Großelternteil vorverstorben, treten (wie bei den Erben der zweiten Ordnung) deren Abkömmlinge an ihre Stelle. Gibt es in einer Linie keine Erben, fällt die gesamte Erbschaft der anderen Linie zu. Unter den oben erwähnten Lebensgefährtinnen bzw. Lebensgefährten sind nach slowenischem Recht Partner einer (jedenfalls nur heterosexuellen) Lebensgemeinschaft zu verstehen, die nach slowenischem Recht als "außereheliche Gemeinschaft" bezeichnet wird. Eine außereheliche Gemeinschaft wird bereits seit den 1970er Jahren in ihren Auswirkungen einer Ehe gleichgestellt, mit dem Unterschied, dass sie in sämtlichen gerichtlichen oder verwaltungsrechtlichen Verfahren in jedem Einzelfall zu beweisen ist. Für die Feststellung, ob eine außereheliche Gemeinschaft besteht, muss man grundsätzlich nachweisen, dass keine Hindernisse für eine Eheschließung bestehen, die Partner den Willen haben, im Sinne von Ehepartnern zusammen zu leben und im Prinzip eine ein Jahr übersteigende tatsächliche Wohngemeinschaft besteht. Bei der Errichtung eines Testaments nach slowenischem Recht muss man genauestens die gesetzlichen Vorschriften befolgen, da andernfalls ein Testament als ungültig erklärt werden kann. Wohl wie in vielen anderen Ländern machen die gerichtlichen Verfahren zur Testamentsanfechtung einen erheblichen Anteil der erbrechtlichen Streitigkeiten aus. Ein Testament kann von jeder Person, die geschäftsfähig und fünfzehn Jahre alt ist, errichtet werden. Das Erbschaftsgesetz erkennt die folgenden Testamentsarten an: Das slowenische Recht bestimmt, wie viele andere europäische Rechtsordnungen, dass der Erblasser durch ein Testament über einen Teil des Nachlasses nicht verfügen kann. Der Kreis der Pflichtteilsberechtigten setzt sich aus den Abkömmlingen, den Eltern, dem Ehegatten beziehungsweise dem Lebensgefährten des Erblassers zusammen. Zu den Pflichtberechtigten zählen auch die Großeltern und – anders als in Deutschland – auch die Geschwister des Erblassers, allerdings nur dann, wenn sie auf Dauer arbeitsunfähig sind und ihren Unterhalt nicht selbst bestreiten können. Die Pflichtteile der Abkömmlinge beträgt eine Hälfte dessen, was sie gesetzlich erben würden, während den anderen Pflichtteilberechtigten nur ein Drittel der gesetzlichen Erbquote als Pflichtteil zusteht. Ein Anspruch auf eine Pflichtteilsquote setzt voraus, dass der in Frage kommende Erbe unter Beachtung der gesetzlichen Ordnungen zum Erben berufen gewesen wäre. Zur Geltendmachung des Pflichtteils ist es erforderlich, dass der Berechtigte dies im Rahmen des Nachlassverfahrens ausdrücklich verlangt. Das Pflichtteilsrecht umfasst auch die Berechtigung, die Rückgabe der testamentarischen Verfügungen, einschließlich der Vermächtnisse, sowie der Geschenke, die der Erblasser zu seiner Lebzeit den anderen Erben zugewandt hat, zu verlangen, wenn die Pflichtteilsquote der Pflichtteilsberechtigten gekürzt ist. Bestimmt das Testament, dass eine zur Lebzeit geleistete Schenkung zur Erbquote des Pflichtteilsberechtigten gehört, steht es diesem frei, die Schenkung im Rahmen des verfügbaren Teils der Erbschaft zu behalten. Im Rahmen des Nachlassverfahrens ist es erforderlich, dass jeder in Frage kommende Erbe eine Erberklärung beim Nachlassgericht entweder schriftlich einreicht oder sie zum Protokoll gibt. Durch diese Erklärung kann der Erbe die Erbschaft entweder annehmen oder ausschlagen, die Erklärung kann jedoch auch auf die Geltendmachung der Pflichtteilsberechtigung abzielen. Freilich umfasst die Durchsetzung des Erbrechts vor allem die Einsprüche der Beteiligten am Nachlassverfahren, die sich z.B. auf die Gültigkeit des Testaments, die eheliche oder verwandtschaftliche Beziehung des Beteiligten zum Erblasser, die Tatsachen, von denen die Höhe der Erbquote und die Frage der Anrechnung auf den Erbteil abhängen sowie die Enterbung beziehen. Macht ein Beteiligter einen rechtsrelevanten Einspruch im vorgenannten Sinne geltend, setzt das Gericht das Nachlassverfahren aus und verweist das Gericht den Beteiligten, dessen Recht es als schwächer erachtet, auf den Klageweg. Ein Nachlassverfahren endet in Slowenien mit einem Erbbeschluss, in dessen Rahmen die zum Nachlass gehörenden Liegenschaften identifiziert und die Erben, die diese erben sollen, bestimmt werden. Laut dem Erbschafts- und Grundbuchsgesetz erfolgt die Eintragung des Eigentums des Erben im Grundbuch von Amts wegen, sobald der Erbbeschluss rechtskräftig wird. Auf Grund einer Gleichstellung mit einem inländischen Erbbeschluss stellt auch ein Europäisches Nachlasszeugnis eine Grundlage für die Eintragung des Eigentumsrechts zu Gunsten eines Erben dar. Die Erbschaftssteuer fällt mit der Rechtskraft des Erbbeschlusses an. Die Erbschaftssteuer wird von der Steuerbehörde von Amts wegen erhoben und wird ihre Höhe nach durch einen auf den Erbbeschluss aufzubringenden Vermerk bestimmt. Zur Bemessung der Steuer wird der durch die Steuerbehörde festzulegende Marktwert des ererbten Vermögens zu Grunde gelegt. Die Besteuerungsgrundlage stellt in Slowenien den Nettowert sämtlicher ererbter Vermögensgegenstände zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Erbbeschlusses dar. Der Nettowert im vorgenannten Sinne ist der Wert der ererbten Vermögensgegenstände unter Abzug der Verbindlichkeiten, die solche Vermögensgegenstände unmittelbar belasten (z.B. im Falle einer eine Liegenschaft belastenden Hypothek). Die Erben der ersten gesetzlichen Ordnung sind von der Erbschaftssteuer befreit. Was die Frage der Besteuerung der Erben der zweiten und der dritten Ordnung angeht, schreibt das Gesetz für die beiden Erbenkategorien progressive Besteuerungstabellen vor, wobei in Abhängigkeit von der gemäß der obigen Regel festzulegenden Besteuerungsgrundlage: Die Erbschaftssteuer fällt jedoch nicht an, wenn sich die Erbschaft lediglich aus beweglichem Vermögen zusammensetzt, dessen Gesamtwert den Betrag iHv. € 5.000,00 nicht übersteigt. Einem potentiellen Erben bietet das slowenische Recht lediglich die Möglichkeit an, die Erbschaft auszuschlagen. Die Ausschlagung ist im Prinzip unwiderruflich, es sei denn, dass deren Abgabe durch Arglist, Täuschung oder Zwang verursacht wurde. In diesen Fällen kann man die Ausschlagung klageweise anfechten. Eine Ausschlagung kann auch nicht teilweise oder bedingt erklärt werden. Vor der Abgabe einer derart weitreichenden Erklärung ist einem Erben jedenfalls zu raten, den Vermögensstand des Erblassers genauestens festzustellen. Ein Erbe, der zu Lebzeit des Erblassers von diesem eine Schenkung bekommen hat oder als ein Vermächtnisnehmer bestimmt wurde, darf jedoch trotz der Ausschlagung die Schenkung beziehungsweise das Vermächtnis im Rahmen des verfügbaren Teils der Erbschaft behalten. Ihr deutschsprachiger NDEEX Experte Rechtsanwalt Andrej Andrić in Ljubljana (+386 1 430 03 33), berät Sie gerne zu Ihrem Erbfall mit Bezug zu Slowenien. Die im slowenischen Rechtskreis gut etablierte Rechtsanwaltskanzlei Andrić & Partners, deren Gründer und Hauptpartner er ist, setzt sich aus mehreren hochqualifizierten Rechtsexperten zusammen, die fachübergreifend agieren und daher im Stande sind, ausgezeichnete Beratung zu leisten und dadurch auch Lösungen für andere Rechtsbereiche zu finden, die mit einem erbrechtlichen Problemfall zusammenhängen. Die wichtigste Besonderheit slowenischen Erbrechts im Vergleich zum deutschen besteht darin, dass das slowenische Erbrecht keine verhältnismäßig zügige Erstellung eines Erbscheins im deutschen erbrechtlichen Sinne ermöglicht, was den slowenischen Erben große Schwierigkeiten bereitet. Slowenische Erben können sich nämlich als solche erst durch einen Erbbeschluss, welcher erst nach dem rechtskräftig abgeschlossenen Nachlassverfahren erstellt wird, als Berechtigte im Bezug auf die Nachlassvermögensgegenstände legitimieren. Dies erschwert ihre Möglichkeiten, sich rechtzeitig um die Sicherung des Nachlasses zu kümmern. Wie bereits oben erklärt, können Nachlassverfahren sehr langwierig sein und werden auch zu einem großen Teil sogar zwecks gerichtlicher Klärung der Fragen, die unter den Erben streitig sind, mehrmals und für eine beträchtliche Dauer unterbrochen werden. Dazu kommt, dass die Vermögenslage des Erblassers öfters geklärt werden muss, was ebenso zur Verzögerung der Erstellung des Erbbeschlusses führt, dessen notwendigen Bestandteil auch die Auflistung der zur Erbschaft gehörenden Vermögensegenstände bildet. Aus der Perspektive deutschstämmiger Erben erscheint daher aktives und nachhaltiges Mitwirken an einem slowenischen Nachlassverfahren als äußerst empfehlenswert.
1. Wer erbt nach slowenischem Recht, wenn kein Testament vorhanden ist?
2. Wie errichtet man nach slowenischem Erbrecht ein Testament?
3. Gibt es nach slowenischem Recht einen Pflichtteil?
4. Werden in Slowenien lebzeitige Schenkungen beim Pflichtteil berücksichtigt?
5. Wie setzt man sein Erbrecht in Slowenien durch?
6. Wie erfolgt in Slowenien die Eintragung des Erben im Grundbuch?
7. Wann fallen Erbschaftsteuern an und wie hoch sind sie?
8. Nachlass ausschlagen oder Haftung beschränken: Was tun bei überschuldetem Erbe in Slowenien?
9. Wie finde ich einen Rechtsanwalt für meinen Erbfall mit Bezug zu Slowenien?
10. Welche Besonderheiten weist das slowenische Erbrecht gegenüber dem deutschen Erbrecht auf?