Erbrecht Türkei: Wer erbt was – und nach welchem Recht?
Viele Familien in Deutschland sind eng mit der Türkei verbunden. Das zeigt sich auch im Erbfall: Was passiert, wenn eine Immobilie in der Türkei oder ein Bankkonto in Deutschland zum Nachlass gehören? Welche gesetzlichen Regelungen gelten und wie unterscheidet sich das türkische Erbrecht vom deutschen Erbrecht?
Das türkische Erbrecht ähnelt in seinen Grundzügen dem deutschen Erbrecht, es gibt aber entscheidende Unterschiede:
- Pflichtteilsrechte („Noterbberechtigung“) sind strenger als in Deutschland.
- Ehegatten erben gesetzlich weniger als im deutschen Erbrecht.
- Die erbrechtlichen Regelungen für Immobilien und bewegliches Vermögen hängen von der Belegenheit bzw. der Staatsangehörigkeit des Erblassers ab.
- Immobilien unterliegen immer dem Recht des Landes, in dem sie belegen sind. Eine Immobilie in der Türkei unterliegt daher unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Erblassers zwingend dem türkischen Erbrecht.
- Bewegliches Vermögen (z.B. Bankkonten, Wertgegenstände) ist von der Staatsangehörigkeit des Erblassers abhängig. Ein türkischer Staatsangehöriger mit einem deutschen Konto vererbt dieses also nach türkischem Recht.
Haben Sie einen Erbfall mit Bezug zur Türkei oder möchten Sie Ihren Nachlass frühzeitig regeln? Fachanwältin für Erbrecht Katja Habermann unterstützt Sie mit ihrer Erfahrung im türkischen Erbrecht und fließenden Türkischkenntnissen
- Wer erbt nach türkischem Recht, wenn kein Testament vorhanden ist?
- Wie errichtet man nach türkischem Erbrecht ein Testament?
- Gibt es nach türkischem Recht einen Pflichtteil?
- Werden in der Türkei lebzeitige Schenkungen beim Pflichtteil berücksichtigt?
- Wie setzt man sein Erbrecht in der Türkei durch?
- Wie erfolgt in Türkei die Eintragung des Erben im Grundbuch?
- Wann fallen Erbschaftsteuern an und wie hoch sind sie?
- Nachlass ausschlagen oder Haftung beschränken: Was tun bei überschuldetem Erbe in der Türkei?
- Wie finde ich eine/n Rechtsanwalt/in für meinen Erbfall mit Bezug zu der Türkei?
- Welche Besonderheiten weist das türkische Erbrecht gegenüber dem deutschen Erbrecht auf?
1. Wer erbt nach türkischem Recht, wenn kein Testament vorhanden ist?
Das türkische Erbrecht wurde vor rund 100 Jahren auf Grundlage des Schweizer Zivilgesetzbuches entwickelt und ähnelt in seiner Struktur dem deutschen Recht, weist aber einige wesentliche Unterschiede auf. Religiöse-islamische Einflüsse bestehen nicht. Eine Annahmeerklärung ist für die Rechtsfolge nicht notwendig – die gesetzlichen Erben treten mit dem Tod des Erblassers automatisch in die Rechtsnachfolge ein.
Im türkischen Erbrecht wird die Erbfolge - ähnlich wie in Deutschland - in Ordnungen eingeteilt. Eine niedrigere Ordnung verdrängt potentielle Erben einer höheren Ordnung.
Die gesetzliche Erbfolge in der Türkei
1. Ordnung – Abkömmlinge
- Kinder, Enkel und Urenkel erben untereinander zu gleichen Teilen.
- Nichteheliche Kinder sind ehelichen Kindern gleichgestellt.
- Adoptierte Kinder haben doppeltes Erbrecht:
- Sie erben von ihren leiblichen Eltern.
- Außerdem erben sie von ihren Adoptiveltern, nicht aber von deren Verwandten.
- Vaterschaftsfeststellungsklagen sind auch nach dem Tod des Erblassers möglich.
2. Ordnung – Eltern & Geschwister des Erblassers
- Sind keine Abkömmlinge vorhanden, erben die Eltern des Erblassers.
- Sind die Eltern bereits verstorben, geht ihr Anteil auf ihre weiteren Kinder (Geschwister des Erblassers) über.
3. Ordnung – Großeltern & deren Abkömmlinge
- Leben auch keine Eltern oder Geschwister mehr, erben die Großeltern.
- Sind die Großeltern verstorben, erben deren Kinder (Onkel, Tanten).
4. Ordnung – Staat (Fiskuserbrecht)
- Sind keine Erben aus den ersten drei Ordnungen und kein überlebender Ehegatte vorhanden, fällt der Nachlass an den türkischen Staat.
Das Ehegattenerbrecht in der Türkei
Ehegatten erben in der Türkei immer einen festen Anteil am Nachlass. Die Höhe hängt davon ab, welche weiteren Erben existieren.
Ehegatte + Kinder (1. Ordnung):
- Der Ehepartner erbt 1/4 des Nachlasses.
- Zusätzlich erhält er einen güterrechtlichen Ausgleich, der konkret berechnet wird.
Ehegatte + Eltern oder Geschwister des Erblassers (2. Ordnung):
- Der Ehegatte erbt 1/2 des Nachlasses.
Ehegatte + Großeltern oder deren Abkömmlinge (3. Ordnung):
- Der Ehepartner erbt 3/4 des Nachlasses.
Ehegatte ohne weitere Erben:
- In diesem Fall erbt der überlebende Ehegatte den gesamten Nachlass.
Besonderheiten:
- Das türkische Recht erkennt gleichgeschlechtliche Ehen nicht an.
- Die Erbfolge erfolgt in der Türkei nach dem Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge – alle Erben treten automatisch an die Stelle des Verstorbenen.
2. Wie errichtet man nach türkischem Erbrecht ein Testament?
In der Türkei gibt es – wie in Deutschland – die Möglichkeit, ein Testament zu errichten und damit die gesetzliche Erbfolge zu umgehen. Allerdings gibt es einige wichtige Unterschiede:
- Gemeinschaftliche Testamente (z. B. das deutsche „Berliner Testament“) sind in der Türkei nicht möglich.
- Die Unterschrift des Ehegatten auf einem handschriftlichen Testament, der nicht selbst geschrieben hat, hat keine rechtliche Bedeutung.
- Ein Testament kann auch in deutscher Sprache abgefasst werden, sofern es den Formvorschriften entspricht.
Welche Testamentsformen gibt es in der Türkei?
Eigenhändiges Testament (handschriftliches Testament)
- Muss vom Testierenden vollständig handschriftlich verfasst werden.
- Kann hinterlegt werden, ist aber nicht verpflichtend.
- Keine Zeugen erforderlich.
- Kann auch in deutscher Sprache verfasst sein.
Öffentliches Testament
- Wird vor einem Notar oder dem Friedensgericht errichtet.
- Bietet größere Rechtssicherheit als ein handschriftliches Testament.
Nottestament (mündliches Testament in Ausnahmesituationen)
- Kann in besonderen Notlagen mündlich vor zwei Zeugen erklärt werden.
- Die Zeugen müssen den letzten Willen umgehend schriftlich festhalten und hinterlegen.
Erbverträge sind in der Türkei möglich, auch zwischen Ehegatten.
Testierfähigkeit:
- In der Türkei gilt eine Person ab 15 Jahren als testierfähig, sofern keine Zweifel an ihrer Geistesfähigkeit bestehen.
Testamentsgestaltung mit Türkei-Bezug: Jetzt professionell beraten lassen
Sie möchten Ihre Nachlassangelegenheiten rechtssicher regeln – auch mit Blick auf türkisches Erbrecht?
Fachanwältin Katja Habermann unterstützt Sie mit ihrer Kanzlei in Hamburg bei der Gestaltung von individuellen Lösungen für grenzüberschreitende Erbfälle.
3. Gibt es nach türkischem Recht einen Pflichtteil?
Ja, auch im türkischen Erbrecht gibt es eine gesetzlich geschützte Mindestbeteiligung für bestimmte Erben. Diese sogenannte Noterbfolge („Noterbrecht“) entspricht dem Pflichtteil im deutschen Recht und ist in Art. 596 des türkischen Zivilgesetzbuches (ZGB) geregelt.
Wer ist in der pflichtteilsberechtigt?
Das Noterbrecht sichert eine Beteiligung am Nachlass auch dann, wenn der Erblasser eine Person im Testament nicht bedacht hat. Pflichtteilsberechtigt sind:
-
Abkömmlinge (Kinder, Enkel, Urenkel),
- Eltern des Erblassers (falls keine Abkömmlinge vorhanden sind),
- Ehegatten.
Geschwister sind seit einer Gesetzesänderung nicht mehr pflichtteilsberechtigt.
Pflichtteilsquote („Noterbrecht“) in der Türkei
Wie hoch ist der Pflichtteil?
Die gesetzliche Mindestbeteiligung beträgt:
✔ Abkömmlinge (Kinder, Enkel, Urenkel):
- Erhalten 1/2 ihres gesetzlichen Erbanteils als Noterbrecht.
✔ Eltern des Erblassers (falls keine Abkömmlinge vorhanden sind):
- Erhalten 1/4 ihres gesetzlichen Erbteils als Noterbrecht.
✔ Ehegatten:
Erhalten 3/4 ihres gesetzlichen Erbteils als Noterbrecht.
Sonderfall: Immobilien & dingliche Absicherung des Pflichtteils
Eine Besonderheit des türkischen Pflichtteilsrechts ist die Absicherung durch das Grundbuch.
In der Türkei können Pflichtteilsberechtigte ihren Anteil an Immobilien direkt ins Grundbuch eintragen lassen.
- Damit haben sie nicht nur einen schuldrechtlichen Anspruch, sondern sind auch dinglich am Nachlass beteiligt.
- Dadurch können sie im Streitfall eine Zwangsversteigerung der Immobilie einleiten.
- Der Erlös aus der Versteigerung wird dann direkt an die Pflichtteilsberechtigten ausgezahlt.
Unterschied zum deutschen Recht: In Deutschland können Pflichtteilsberechtigte keine Eintragung im Grundbuch verlangen – ihr Anspruch ist nur ein Zahlungsanspruch.
4. Werden in der Türkei lebzeitige Schenkungen beim Pflichtteil berücksichtigt?
Ja, Schenkungen zu Lebzeiten des Erblassers können den Pflichtteilsanspruch (Noterbrecht) mindern, da sie den Nachlass schmälern. Unter bestimmten Voraussetzungen können Noterbberechtigte jedoch verlangen, dass solche Schenkungen bei der Berechnung des Pflichtteils berücksichtigt werden.
Schenkungen innerhalb von 12 Monaten vor dem Tod:
Hier wird eine Benachteiligungsabsicht vermutet. Noterbbauberechtigte können den Wert der Schenkung im Wege einer gerichtlichen Herabsetzungsklage zusätzlich zum Pflichtteil verlangen.
Frühere Schenkungen:
Auch früher übertragene Vermögenswerte können berücksichtigt werden - allerdings nur, wenn die Pflichtteilsberechtigten nachweisen können, dass die Schenkung gezielt zu ihrem Nachteil erfolgte.
5. Wie setzt man sein Erbrecht in der Türkei durch?
Wer in der Türkei erbt, muss sein Erbrecht in vielen Fällen aktiv nachweisen – sei es gegenüber Banken, Behörden oder Miterben. Dazu stehen verschiedene rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung:
Erbschein beantragen (Art. 598 ZGB)
Der Erbschein dient als amtlicher Nachweis gegenüber Dritten. Er wird entweder vom Friedensgericht oder – bei eindeutiger gesetzlicher Erbfolge – auch von einem Notar ausgestellt.
Wichtig: Der Erbschein entfaltet wie im deutschen Recht keine Rechtskraft. Das heißt, er kann jederzeit angefochten und korrigiert werden - zum Beispiel durch ein sogenanntes Anfechtungsverfahren (veraset ilamının iptal davası).
Eintragung im Personenstandsregister
Bevor ein Erbschein ausgestellt werden kann, muss der Sterbefall in das türkische Personenstandsregister eingetragen werden. Der Nachweis (z.B. Sterbeurkunde) kann bei einer türkischen Auslandsvertretung oder direkt in der Türkei erbracht werden.
Besteht Uneinigkeit über die Erbfolge, kann ein gerichtliches Erbenfeststellungsverfahren eingeleitet werden. Dabei wird die Rechtsnachfolge zivilrechtlich geklärt.
Herausgabeklage bei unrechtmäßigem Besitz (Art. 637 ff. ZGB)
Wenn Dritte Nachlassgegenstände zurückbehalten, können Erben oder Erbengemeinschaften eine gerichtliche Herausgabeklage erheben. Die türkischen Gerichte können in diesem Zusammenhang auch Sicherungsmaßnahmen wie Sicherheitsleistungen oder Grundbuchvermerke anordnen.
Achtung: Die Klage muss innerhalb eines Jahres ab Kenntnis vom Erbfall erhoben werden.
Nachlassfeststellung durch das Gericht
In einem gesonderten Verfahren kann der Umfang des Nachlasses amtlich festgestellt werden. Dabei übernimmt das Friedensgericht selbst die Ermittlungen (z.B. bei Banken, Grundbuchämtern oder Versicherungen) - gestützt auf den Amtsermittlungsgrundsatz.
Auseinandersetzungsklage bei Immobilien (İzale-i Şuyu Davası)
Kann sich die Erbengemeinschaft nicht über die Aufteilung einer Immobilie einigen, ist eine gerichtliche Teilungsversteigerung möglich.
Dazu wird zunächst ein Verkehrswertgutachten durch das Gericht eingeholt. Anschließend kann die Immobilie vom Gericht versteigert werden. Der Versteigerungserlös wird nach Abzug der Kosten direkt an die Berechtigten ausgezahlt.
Bis zur Versteigerung kann der Antrag zurückgenommen werden.
Ihr Erbrecht durchsetzen – mit starker Unterstützung an Ihrer Seite
Sie möchten Ihr Erbe in der Türkei geltend machen oder wissen nicht, wie Sie an einen Erbschein kommen? Fachanwältin Katja Habermann steht Ihnen mit ihrer Kanzlei in Hamburg zur Seite – mit Expertise im türkischen Erbrecht und Erfahrung in grenzüberschreitenden Angelegenheiten.
6. Wie erfolgt in Türkei die Eintragung des Erben im Grundbuch?
In der Türkei ist es üblich, dass Grundbucheintragungen nach einem Erbfall über Jahre - manchmal über Generationen - nicht aktualisiert werden. Vor allem in ländlichen Regionen oder in den Städten der Westtürkei sind oft noch längst verstorbene Personen als Eigentümer eingetragen.
Da viele Familien intern wissen, wem die Immobilie „gehört“, wird eine formale Berichtigung oft als unnötig empfunden - solange keine offiziellen Verfügungen wie ein Verkauf oder eine Enteignungsentschädigung bevorstehen.
Wann muss das Grundbuch berichtigt werden?
Sobald eine Immobilie übertragen, verkauft oder belastet werden soll, ist eine amtliche Umschreibung im Grundbuch (tapu) erforderlich.
➡ Dazu ist ein türkischer Erbschein erforderlich – unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Erben.
Was sind die Voraussetzungen für eine Grundbuchumschreibung?
-
Alle öffentlichen Abgaben und Steuern (inkl. Erbschaftsteuer) müssen vorab beglichen werden.
-
Dazu benötigen auch deutsche Staatsangehörige eine türkische Steuernummer.
Besonderheiten für ausländische Erben
-
Die Rechtsnachfolge für deutsche Staatsangehörige ist grundsätzlich möglich.
-
In bestimmten Gebieten – z. B. militärischen Sicherheitszonen – dürfen nicht-türkische Staatsangehörige keine Immobilien dauerhaft besitzen.
→ Solche Immobilien müssen innerhalb von zwölf Monaten verkauft oder auf türkische Staatsangehörige übertragen werden.
Was gilt für ehemalige türkische Staatsangehörige?
Personen mit einer sogenannten „mavi kart“ (blaue Karte) werden rechtlich wie türkische Staatsbürger behandelt. Sie können also uneingeschränkt Immobilien erwerben und behalten – auch in Gebieten mit Einschränkungen für Ausländer.
7. Wann fallen Erbschaftsteuern an und wie hoch sind sie?
Die Erbschaftsteuer in der Türkei ist im Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz geregelt.
Wer ist steuerpflichtig?
- Türkische Staatsangehörige: immer – auch bei Wohnsitz im Ausland.
- Nicht-türkische Staatsangehörige: wenn Nachlassvermögen in der Türkei vorhanden ist.
Höhe & Freibeträge:
- Steuersatz: 1 % bis 10 %, je nach Verwandtschaftsgrad und Wert des Nachlasses.
- Freibeträge & Steuersätze werden jährlich im Dezember neu festgesetzt.
Fristen & Besonderheiten:
- Erklärungspflicht: innerhalb von 4 Monaten, bei Auslandsbezug: 6 Monate.
- Vor Auszahlung von Bankguthaben ist eine Unbedenklichkeitsbescheinigung erforderlich - liegt diese nicht vor, behält die Bank 5 % des Guthabens als Steuervorauszahlung ein.
Immobilien & Veräußerung:
- Immobilien werden nach dem amtlichen Steuerwert bewertet.
- Im Erbfall fällt keine Grunderwerbsteuer an.
- Bei einem Verkauf innerhalb von zehn Jahren nach dem ursprünglichen Erwerb durch den Erblasser fällt eine Steuer auf den Veräußerungsgewinn an.
Doppelbesteuerung mit Deutschland:
- Es besteht kein Doppelbesteuerungsabkommen.
- Der Nachlass kann in beiden Ländern besteuert werden.
- In der Türkei gezahlte Steuern sind in Deutschland als Belastung anrechenbar.
8. Nachlass ausschlagen oder Haftung beschränken: Was tun bei überschuldetem Erbe in der Türkei?
Ist ein Nachlass überschuldet, stellt sich häufig die Frage, ob die Erbschaft ausgeschlagen werden soll - insbesondere in deutsch-türkischen Erbfällen, in denen Teile des Vermögens deutschem, andere Teile türkischem Recht unterliegen.
Weder das türkische noch das deutsche Erbrecht lässt eine Teilausschlagung oder Teilannahme zu. Es ist also nicht möglich, z.B. den deutschen Teil der Erbschaft auszuschlagen und den türkischen Teil anzunehmen. Eine Ausschlagung bezieht sich immer auf den gesamten Nachlass.
Frist und Form der Ausschlagung
Die Ausschlagung muss innerhalb von drei Monaten nach Kenntnis vom Erbfall gegenüber dem zuständigen Friedensgericht in der Türkei erklärt werden. Eine Erklärung bei einer Auslandsvertretung oder vor einem Notar im Ausland genügt nicht. Die Ausschlagung kann schriftlich oder mündlich erfolgen – auch durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt. Eine notarielle Beurkundung ist nicht erforderlich.
Folgen der Ausschlagung
Schlagen Abkömmlinge die Erbschaft aus, fällt der Nachlass zunächst vollständig an den überlebenden Ehegatten. Ein automatisches Nachrücken nachfolgender Generationen findet bei einem überschuldeten Nachlass nicht statt.
Gemäß Art. 605 Abs. 2 ZGB gilt eine Erbschaft automatisch als ausgeschlagen, wenn der Erbe nachweisen kann, dass der Erblasser überschuldet war und keine Verfügungen über den Nachlass getroffen wurden. In diesem Fall entfällt die Pflicht zur aktiven Ausschlagung. Das Gericht prüft die Überschuldung von Amts wegen im Rahmen des sog. Amtsermittlungsgrundsatzes.
Bejaht das Gericht die Überschuldung, wird ein amtliches Liquidationsverfahren eingeleitet. Nach Abschluss des Verfahrens wird das verbleibende Vermögen an die gesetzlichen Erben verteilt - auch an diejenigen, die die Erbschaft zuvor ausgeschlagen haben.
Erbe in der Türkei ausschlagen? Lassen Sie sich rechtssicher beraten
Die Ausschlagung einer Erbschaft – gerade bei Nachlass mit Türkei-Bezug – sollte gut überlegt und korrekt erklärt werden. Fachanwältin Katja Habermann aus Hamburg hilft Ihnen dabei, rechtssichere Schritte zu gehen – auch ohne Reise in die Türkei.
9. Wie finde ich eine/n Rechtsanwalt/in für meinen Erbfall mit Bezug zu der Türkei?
Bei Erbfällen mit Bezug zur Türkei ist es wichtig, eine juristische Beratung zu erhalten, die sowohl das deutsche als auch das türkische Erbrecht kennt.
Fachanwältin für Erbrecht Katja Habermann (NDEEX-Expertin, Hamburg) unterstützt Sie bei deutsch-türkischen Erbfällen – mit fließenden Türkischkenntnissen und einem bewährten Netzwerk von Partnerkanzleien in der Türkei, Deutschland und Europa.
Verzeichnisse deutschsprachiger Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte erhalten Sie auch bei der Deutschen Botschaft in Ankara oder beim Deutschen Generalkonsulat in Istanbul.
10. Welche Besonderheiten weist das türkische Erbrecht gegenüber dem deutschen Erbrecht auf?
Das türkische Erbrecht weist in mehreren Punkten grundlegende Unterschiede zum deutschen Recht auf. Diese können sowohl die Nachlassplanung als auch die Abwicklung eines Erbfalls erheblich beeinflussen.
Keine Rechtswahl möglich
Im Gegensatz zum deutschen Recht erlaubt das türkische Erbrecht keine freie Rechtswahl. Der Nachlass wird stets nach den gesetzlichen Vorgaben abgewickelt – abhängig vom Vermögenstyp und seinem Belegenheitsort.
Gemeinschaftliche Ehegattentestamente nicht zulässig
Testamente wie das in Deutschland gängige „Berliner Testament“ werden in der Türkei nicht anerkannt. Sie können allenfalls in zwei Einzeltestamente oder einen Erbvertrag umgedeutet werden.
Gesetzliche Erbfolge basiert auf dem Personenstandsregister
Die gesetzliche Erbfolge wird anhand der Daten im türkischen Personenstandsregister festgestellt. Diese Eintragungen sind jedoch häufig fehlerhaft – insbesondere bei Erblassern, die im Ausland gelebt haben oder ausländische Staatsangehörige sind. Eine frühzeitige Korrektur ist wichtig, um spätere Komplikationen in der Nachlassabwicklung zu vermeiden.
Verlässliche Nachlassfeststellung durch türkische Gerichte
Die Nachlassfeststellung erfolgt in der Türkei im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens nach dem Amtsermittlungsgrundsatz. Die Gerichte recherchieren von sich aus alle relevanten Informationen (z. B. Grundbuch, Konten, Kfz). Dadurch kommt es meist zu zügigen und verlässlichen Ergebnissen.
Noterbrechte können im Grundbuch gesichert werden
Die Mindestbeteiligung am Nachlass (Noterbrecht) kann bei Immobilien dinglich abgesichert werden. Das bedeutet: Die Berechtigten werden direkt im Grundbuch eingetragen und erhalten damit stärkere Rechte als im deutschen Erbrecht.
Beschränkungen beim Immobilienerwerb durch Ausländer
Befindet sich eine Nachlassimmobilie in einem Gebiet mit besonderen Beschränkungen – z. B. militärischen Sicherheitszonen – dürfen ausländische Erben das Eigentum nicht dauerhaft behalten. Die Immobilie muss dann innerhalb von sechs Monaten verkauft oder auf eine türkische Person übertragen werden.
Ausnahme: Blaue Karte („Mavi Kart“) Ehemalige türkische Staatsangehörige mit einer „mavi kart“ gelten rechtlich als türkische Staatsbürger. Sie unterliegen nicht den Einschränkungen für ausländische Erben und können Immobilien in der Türkei uneingeschränkt behalten oder erwerben.
Kanzlei mit Expertise im türkischen Erbrecht
Ob Nachlassplanung, Testamentsgestaltung oder Fragen zur Eigentumslage bei Immobilien in der Türkei: Katja Habermann kennt die rechtlichen Unterschiede genau – und berät Sie umfassend zu deutsch-türkischen Erbfällen.