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Erbrecht in England und Wales: So regeln Sie grenzüberschreitende Erbfälle richtig

Ein Todesfall mit Bezug zu England oder Wales wirft viele Fragen auf. Was gilt ohne Testament? Gibt es überhaupt gesetzliche Erben oder ein Pflichtteilsrecht? Und wie läuft die Nachlassabwicklung ab?

Das Erbrecht in England und Wales funktioniert ganz anders als in Deutschland. Es gibt keine automatische Erbfolge, keinen Erbschein und auch kein klassisches Pflichtteilsrecht. Stattdessen wird der Nachlass – der sogenannte Estate – von einer beauftragten Person verwaltet. Diese heißt Executor (bei Testament) oder Administrator (ohne Testament).

In diesem Artikel erfahren Sie, wie das Erbrecht in England und Wales aufgebaut ist, was Sie im Erbfall beachten müssen – und wann sich rechtliche Unterstützung lohnt.

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Autorin dieser Seite:

Clara Bowater, LL.M.
Rechtsanwältin / Solicitor

1. Wie funktioniert das Erbrecht in England und Wales?

Nach englischem Recht geht der Nachlass nicht automatisch auf Angehörige über. Stattdessen wird das gesamte Vermögen der verstorbenen Person rechtlich „gesammelt“ – als sogenannter Estate – und anschließend durch eine beauftragte Person verwaltet.

Diese Person heißt Personal Representative und übernimmt die vollständige Abwicklung des Nachlasses. Je nach Fall:

  • Executor, wenn ein Testament vorliegt

  • Administrator, wenn kein Testament existiert

Damit der Personal Representative handlungsfähig ist, benötigt er eine offizielle Bestätigung vom Nachlassgericht – entweder ein Grant of Probate oder die Letters of Administration.

Wichtig: In England und Wales gibt es keine „Erben“ im rechtlichen Sinne wie in Deutschland. Stattdessen erhalten bestimmte Personen etwas aus dem Nachlass – sie heißen Beneficiaries. Diese Begünstigten können im Testament benannt sein oder – falls keines existiert – durch gesetzliche Regeln festgelegt werden.

2. Wer erbt nach englischem Recht, wenn kein Testament vorhanden ist?

Nach englischem Recht geht der Nachlass nicht automatisch auf Angehörige über. Stattdessen wird das gesamte Vermögen der verstorbenen Person rechtlich „gesammelt“ – als sogenannte Estate – und anschließend durch eine beauftragte Person verwaltet.

Diese Person heißt Personal Representative und übernimmt die vollständige Abwicklung des Nachlasses. Je nach Fall:

  • Executor, wenn ein Testament vorliegt
  • Administrator, wenn kein Testament existiert

Damit der Personal Representative handlungsfähig ist, benötigt er eine offizielle Bestätigung vom Nachlassgericht – entweder ein Grant of Probate oder die Letters of Administration.

Wichtig:

In England und Wales gibt es keine „Erben“ im rechtlichen Sinne wie in Deutschland. Stattdessen erhalten bestimmte Personen etwas aus dem Nachlass – sie heißen Beneficiaries. Diese Begünstigten können im Testament benannt sein oder – falls keines existiert – durch gesetzliche Regeln festgelegt werden.

3. Wie errichtet man ein Testament in England oder Wales?

Liegt kein Testament vor, richtet sich die Erbfolge in England und Wales nach festen gesetzlichen Regeln – den sogenannten Intestacy Rules. Diese bestimmen, wer als Begünstigter (Beneficiary) aus dem Nachlass etwas erhält.

An erster Stelle stehen dabei in der Regel:

  • Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner
  • anschließend die Kinder oder deren Nachkommen
  • danach Eltern, Geschwister, Großeltern und weitere Verwandte

Anders als in Deutschland gibt es jedoch eine klare Grenze:
Nur Verwandte bis zur dritten Ordnung können nach englischem Recht gesetzlich erben. Existieren keine nahen Angehörigen mehr, geht der gesamte Nachlass an die englische Krone über – ein Vorgang, der „bona vacantia“ genannt wird.

Gerade in solchen Fällen ist es besonders wichtig zu prüfen, welches Erbrecht anwendbar ist – also ob deutsches oder englisches Recht gilt. Denn das kann über den gesamten Nachlass entscheiden.

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4. Gibt es nach englischem Recht einen Pflichtteil?

Das Pflichtteilsrecht, wie man es aus Deutschland kennt, gibt es in England und Wales nicht. Kinder, Ehepartner oder andere nahe Angehörige haben keinen automatischen Anspruch auf einen Teil des Nachlasses – selbst dann nicht, wenn sie vollständig enterbt wurden.

Stattdessen sieht das englische Recht eine andere Möglichkeit vor:
Unter bestimmten Voraussetzungen können finanziell abhängige Personen einen Antrag auf Nachlassbeteiligung stellen. Das betrifft zum Beispiel:

  • Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner
  • Kinder oder andere Verwandte, die auf finanzielle Unterstützung angewiesen waren
  • Personen, die mit dem Erblasser in einem gemeinsamen Haushalt gelebt und von ihm versorgt wurden

Solche Anträge erfolgen auf Basis des Inheritance (Provision for Family and Dependants) Act 1975 – und müssen innerhalb von sechs Monaten nach Ausstellung des „Grant of Probate“ gestellt werden.

Wichtig zu wissen:

Ob ein solcher Anspruch überhaupt besteht und wie hoch er ausfällt, hängt stark vom Einzelfall ab. Anders als beim deutschen Pflichtteilsrecht gibt es keine festen Quoten oder garantierten Mindestanteile.

Wenn Sie befürchten, ungerecht behandelt worden zu sein – oder als Erblasser Streit vermeiden möchten –, ist rechtliche Beratung im Vorfeld besonders wichtig.

Enterbt in England – was tun?

In England gibt es keinen Pflichtteil wie in Deutschland. Unter bestimmten Voraussetzungen können aber trotzdem Ansprüche geltend gemacht werden. Lassen Sie prüfen, ob Ihnen etwas zusteht.

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5. Wie wird ein Nachlass in England oder Wales abgewickelt?

Wenn ein Mensch in England oder Wales stirbt, entsteht rechtlich gesehen ein eigener Nachlass – der sogenannte Estate. Dieses Vermögen wird nicht automatisch auf Angehörige übertragen, sondern muss formal abgewickelt werden.

Dafür ist eine beauftragte Person zuständig – der sogenannte Personal Representative. Dabei handelt es sich entweder um:

  • einen Executor, wenn es ein Testament gibt, oder
  • einen Administrator, wenn kein Testament vorliegt

Der Personal Representative muss beim Nachlassgericht ein offizielles Dokument beantragen, das ihn zur Nachlassabwicklung berechtigt:

  • Grant of Probate, wenn ein Testament vorhanden ist
  • Letters of Administration, wenn kein Testament vorliegt

Wichtig zu wissen:

Ohne dieses Dokument kann niemand über den Nachlass verfügen – keine Konten auflösen, keine Immobilien verkaufen, keine Zahlungen veranlassen. Der Grant of Probate ist vergleichbar mit einem Erbschein, auch wenn er juristisch etwas anderes bedeutet.

 

Der Personal Representative hat die Pflicht, den Nachlass zu erfassen, Schulden zu begleichen und den verbleibenden Anteil an die Berechtigten (Beneficiaries) auszuzahlen. Kommt er diesen Aufgaben nicht nach oder entsteht Streit, kann der Fall vor Gericht gebracht werden.

6. Wie erfolgt die Eigentumsübertragung bei geerbten Immobilien in England?

Wer eine Immobilie in England oder Wales erbt, muss sich auch um die formale Umschreibung im Grundbuch kümmern. Ohne diesen Schritt kann das Haus oder Grundstück nicht verkauft oder anderweitig genutzt werden.

Zuständig ist das HM Land Registry – das englische Pendant zum deutschen Grundbuchamt.

Die Umschreibung erfolgt über einen sogenannten Conveyancer – also einen spezialisierten Anwalt oder Notar. Dieser übernimmt die Kommunikation mit dem Land Registry und reicht folgende Unterlagen ein:

  • die Sterbeurkunde

  • den Grant of Probate oder die Letters of Administration

  • den Antrag auf Eintragung

Wichtig:

Die Eigentumsübertragung ist erst möglich, wenn der Nachlass formal abgewickelt wurde – also nur, wenn Grant of Probate oder Letters of Administration bereits vorliegen.

Ein besonderer Aspekt: Rund 15 % aller Grundstücke in England sind nicht registriert – oft, weil sie nie verkauft, sondern nur weitervererbt wurden. In solchen Fällen muss zunächst eine sogenannte Ersteintragung erfolgen. Dafür werden meist die ursprünglichen Kaufdokumente (Deeds) benötigt – also die historischen Unterlagen, die das Eigentum belegen.

7. Wann fällt Erbschaftsteuer in England an – und wie hoch ist sie?

In England und Wales wird nicht der einzelne Erbe besteuert, sondern der gesamte Nachlass – die sogenannte Inheritance Tax. Das ist ein wesentlicher Unterschied zum deutschen Recht, wo jeder Erbe individuell mit seinem Freibetrag und Steuersatz besteuert wird.

Der aktuelle Steuersatz für die Inheritance Tax beträgt in der Regel 40 % auf den Teil des Nachlasses, der über dem steuerfreien Grundbetrag liegt. Dieser sogenannte Nil Rate Band liegt derzeit bei 325.000 £. Für Ehepartner und eingetragene Lebenspartner gibt es zusätzliche Steuervergünstigungen und Übertragungsmöglichkeiten.

Schenkungen zu Lebzeiten

Auch lebzeitige Übertragungen können relevant sein:

  • Sind seit der Schenkung mehr als 7 Jahre vergangen, fällt keine Erbschaftsteuer mehr an.

  • Liegt die Schenkung zwischen 3 und 7 Jahren zurück, gelten gestaffelte Steuersätze (Taper Relief).

  • Behalten Sie sich einen Nutzen an der Schenkung vor (z. B. Wohnrecht), kann sie trotzdem steuerpflichtig bleiben.

Kein Doppelbesteuerungsabkommen

Zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich gibt es kein Doppelbesteuerungsabkommen für die Erbschaftsteuer. Dennoch wird eine im einen Land gezahlte Steuer in der Regel auf die im anderen Land fällige Steuer angerechnet, um eine doppelte Belastung zu vermeiden.

Tipp:

Gerade bei grenzüberschreitenden Erbfällen lohnt sich frühzeitige Beratung, um steuerliche Fallstricke zu vermeiden und mögliche Freibeträge optimal zu nutzen.

Kontakt aufnehmen

8. Was tun, wenn der Nachlass in England überschuldet ist?

Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in England und Wales keine automatische Erbfolge. Das bedeutet auch: Niemand haftet automatisch für die Schulden des Verstorbenen.

Die gesamte Abwicklung des Nachlasses – einschließlich der Begleichung von Verbindlichkeiten – übernimmt der sogenannte Personal Representative (Executor oder Administrator). Er ist verpflichtet, zunächst alle offenen Forderungen und Schulden aus dem Nachlass zu bezahlen, bevor ein verbleibendes Vermögen an die Beneficiaries ausgezahlt wird.

Stellt sich während der Abwicklung heraus, dass der Nachlass nicht ausreicht, um sämtliche Schulden zu begleichen, kann eine Nachlassinsolvenzverwaltung beantragt werden (engl. Insolvent Estate Administration). In diesem Fall wird der Nachlass unter gerichtlicher Aufsicht verwertet und die Gläubiger nach festgelegter Rangfolge bedient.

Wichtig zu wissen:

  • Begünstigte erhalten in diesem Fall in der Regel nichts.

  • Eine private Haftung durch Angehörige ist jedoch ausgeschlossen, solange kein persönlicher Vertrag mit dem Verstorbenen besteht (z. B. Bürgschaft).

Gerade in Fällen mit unklarer Vermögenslage ist es sinnvoll, rechtzeitig rechtlichen Rat einzuholen – vor allem, wenn es Anzeichen für Schulden oder offene Forderungen gibt.

9. Wie finde ich einen Anwalt für meinen Erbfall mit Bezug zu England?

Erbfälle mit Bezug zu England oder Wales sind oft komplex – vor allem, wenn Testament, Nachlass, Immobilien oder Steuern in mehreren Ländern eine Rolle spielen. In solchen Fällen ist es sinnvoll, sich an einen Anwalt zu wenden, der sich mit beiden Rechtssystemen auskennt.

Eine gute Anlaufstelle ist zum Beispiel Clara Bowater, Ihre deutschsprachige NDEEX-Expertin in London. Sie ist sowohl in Deutschland als Rechtsanwalt als auch in England und Wales als Solicitor zugelassen – und berät regelmäßig bei grenzüberschreitenden Erbfällen.

Clara Bowater kennt die Unterschiede beider Rechtssysteme genau und arbeitet eng mit einem Netzwerk von Fachkollegen in Deutschland und Europa zusammen – insbesondere, wenn es um steuerliche oder verfahrensrechtliche Fragen außerhalb Englands geht.

Weitere Informationsquellen:

Die Deutsche Botschaft in London und die Generalkonsulate im Vereinigten Königreich führen Verzeichnisse deutschsprachiger Anwälte.

Tipp:

Achten Sie bei der Wahl des Anwalts darauf, dass Erfahrung mit internationalen Nachlassfragen und dem englischen Recht ausdrücklich genannt wird.

Erbfälle in Deutschland und England sicher regeln

Clara Bowater ist in Deutschland als Rechtsanwalt und in England & Wales als Solicitor zugelassen. So profitieren Sie von Erfahrung in beiden Rechtssystemen.

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10. Was ist im englischen Erbrecht anders als im deutschen?

Das Erbrecht in England und Wales unterscheidet sich in vielen Punkten deutlich vom deutschen Erbrecht. Die wichtigsten Unterschiede auf einen Blick:

Keine automatische Erbfolge
In Deutschland wird der Nachlass automatisch auf die Erben übertragen (Universalsukzession). In England entsteht ein eigener Nachlass (Estate), der erst durch einen Personal Representative abgewickelt werden muss.

Kein Pflichtteil
England kennt kein gesetzliches Pflichtteilsrecht. Nur in Ausnahmefällen – etwa bei finanzieller Abhängigkeit – kann ein Antrag auf Beteiligung gestellt werden.

Kein Erbschein
In England gibt es keinen Erbschein wie in Deutschland. Stattdessen muss der Personal Representative einen Grant of Probate (bei Testament) oder die Letters of Administration (ohne Testament) beantragen.

Nachlasssteuer statt Erbschaftsteuer
In England wird nicht der einzelne Erbe besteuert, sondern der Nachlass selbst. Die sogenannte Inheritance Tax wird vor der Verteilung an die Begünstigten erhoben.

Begrenzte gesetzliche Erbfolge
Ohne Testament können in England nur nahe Angehörige erben – in der Regel bis zur dritten Ordnung. Gibt es keine Berechtigten, fällt der Nachlass an die Krone („bona vacantia“).

Erheblicher Dokumentationsaufwand
Die Abwicklung eines Nachlasses in England ist oft mit mehr Formalitäten verbunden – etwa bei der Eintragung von Immobilien oder der Vorlage originaler Dokumente (Deeds).

Jetzt beraten lassen – damit alles geregelt ist

Ob Testament, Nachlassabwicklung oder steuerliche Fragen: Clara Bowater begleitet Sie kompetent bei Erbfällen mit Bezug zu England oder Wales.

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