Abgrenzung Nachlasspfleger zu Abwesenheitspfleger
Nachlasspflegschaft bei Mehrheit von Erben
Die Begriffe „Nachlasspfleger“ und „Abwesenheitspfleger“ sind im Regelfall den Mitbürgern nicht geläufig. In diesem Bereich liegen auch nicht sehr viele Urteile des höchsten bzw. der höheren Gerichte in Deutschland vor.
Das OLG Frankfurt hatte sich mit Beschluss vom 27.10.2015 – 20 W 244/15 – mit der Abgrenzung eines Nachlasspflegers zu einem Abwesenheitspfleger zu beschäftigen. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Vollstreckungsstelle einer Stadt wollte als Antragstellerin zur Geltendmachung von Grundbesitzabgaben gegen die unbekannten Erben eines Erblassers eine Nachlasspflegschaft gem. § 1961 BGB beantragen. Nachdem das zuständige Nachlassgericht den Antrag zurückgewiesen hatte, legte die Antragstellerin Beschwerde ein, der stattgegeben wurde.
Nachlasspfleger war zu bestellen
Das OLG Frankfurt führte aus, dass ein Nachlasspfleger dann zu bestellen ist, wenn zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlass richtet, von einem Berechtigten – hier dem Gläubiger – geltend gemacht wird. Dabei darf die Erbschaft durch den Erben noch nicht angenommen worden sein und die Annahme muss ungewiss oder der Erbe unbekannt sein.
Im vorliegenden Fall war eine von drei Miterbinnen unbekannten Aufenthaltes. Nur ihr Name war bekannt. Es musste deshalb für jeden Erbteil gesondert geprüft werden, ob die Voraussetzungen einer Nachlasspflegschaft vorliegen. Die Erben waren demnach teilweise unbekannt. Bei der Frau war noch nicht einmal festgestellt worden, ob sie überhaupt noch lebte. Von daher war auch nicht gewiss, ob sie die Erbschaft angenommen hat. Der Nachlasspfleger hatte dann den Aufgabenkreis, der Vertretung der unbekannten Miterbin gegen die Antragstellerin.
Keine Abwesenheitspflegschaft
Folge hiervon war, dass hinsichtlich dieses Erbteils auch keine sog. Abwesenheitspflegschaft beantragt werden konnte, da diese nur für Vermögensangelegenheiten, die der Fürsorge bedürfen, beim zuständigen Gericht beantragt werden kann. Da die Erbschaft jedoch noch nicht angenommen worden war und somit keine Vermögensangelegenheit, die der Fürsorge bedurfte, vorlag, konnte eine Abwesenheitspflegschaft nicht beantragt werden.
Expertentipp von Fachanwalt für Erbrecht Thomas Maulbetsch
- Ist ein Erbe unbekannten Aufenthaltes, kann ein Gläubiger trotzdem seinen Anspruch gegenüber dem Nachlass geltend machen. Hier ist, soweit die Erbschaft noch nicht durch die Person des unbekannten Aufenthaltes angenommen worden ist, ein Nachlasspfleger vom zuständigen Nachlassgericht für diesen Erbteil zu bestellen.
- Ein Abwesenheitspfleger ist zu bestellen, sollte die Erbschaft bereits durch den Miterben angenommen worden sein und dieser ist dann später unbekannten Aufenthaltes.
- In beiden Fällen kann dann die Erbengemeinschaft die Erbauseinandersetzung durch die anderen Miterben im Zusammenspiel mit dem Nachlasspfleger bzw. dem Abwesenheitspfleger auseinandergesetzt werden. Der Abwesenheitspfleger bzw. der Nachlasspfleger muss dann bei der Auflösung der Erbengemeinschaft den Miterbenanteil beim zuständigen Amtsgericht der Hinterlegung zuführen. In diesen Verfahren sind des öfteren Erbenermittler tätig, um die Personen unbekannten Aufenthalts zu suchen. Die Erbenermittler arbeiten auf Provisionsbasis.
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