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Frau im Erbfall

Das Erbrecht einer ledigen Frau

Hat eine unverheiratete Frau kein Testament errichtet, so erben ihre Kinder. Verstirbt sie kinderlos, sind die Eltern, bei Vorversterben eines Elternteils auch die Geschwister Miterben.

Sofern dies nicht gewünscht ist, kann die ledige Frau durch Testament Regelungen treffen, die von der gesetzlichen Erbfolge abweichen. Wer dies beabsichtigt, sollte aber bedenken, dass enterbte Verwandte ggf. Pflichtteilsansprüche geltend machen können.
Hat die ledige Frau ein minderjähriges Kind, so ist zu raten, im Testament einen Vormund zu bestimmen. Das Familiengericht darf von diesem Wunsch-Vormund nur bei Vorliegen wichtiger Gründe abweichen.
Neben oder statt eines Vormunds kann die Mutter auch einen Testamentsvollstrecker benennen, der dann im Interesse des Kindes den Nachlass verwaltet. Es ist zu empfehlen, die Testamentsvollstreckung zeitlich zu befristen, z. B. bis zur Volljährigkeit des Kindes oder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres.

Testamente zugunsten der Lebensgefährtin können nach der Rechtsprechung nichtig sein, wenn sie entweder das sittenwidrige Verhalten einer Person belohnen sollen („Hergabe für die Hingabe“ – so der Bundesgerichtshof) oder aus einer familienfeindlichen Gesinnung heraus errichtet werden. Achtenswerte Motive (zum Beispiel die Pflege des Erblassers) für die Erbeinsetzung der Partnerin sollten ausdrücklich in das Testament mit aufgenommen werden, um späteren Streit mit der Familie des Partners zu vermeiden.

Der gesetzliche Erbteil einer Witwe

Haben die Ehegatten keine letztwillige Verfügung errichtet, gilt die gesetzliche Erbfolge. Der Erbteil der Witwe hängt dabei von der Art des Güterstandes und – im Falle der Gütertrennung – von der Anzahl der erbberechtigten Kinder ab:

 

Ehegattenerbteil

Güterstand:

neben 1 Kind

neben 2 Kindern

bei mehr als
2 Kindern

Zugewinn-
gemeinschaft

1/4 + 1/4 = 1/2

1/4 + 1/4 = 1/2

1/4 + 1/4 = 1/2

Gütertrennung

1/2

1/3

1/4

Gütergemeinschaft

1/4

1/4

1/4

Die wirtschaftlichen Folgen der gesetzlichen Erbfolge entsprechen oft nicht dem Willen des Erblassers: Eine besondere Fürsorge für schwächere Familienmitglieder ist nicht möglich. Durch die gesetzliche Erbfolge entsteht eine Erbengemeinschaft, bei der für wichtige Verwaltungsmaßnahmen und die Nachlassteilung Einstimmigkeit notwendig ist. Die Möglichkeiten einer Erbschaftsteuerminimierung werden regelmäßig vernachlässigt.
Diese Nachteile vermeidet ein klug gestaltetes Testament.

 

Die Witwe als testamentarische Erbin

Wird die Ehefrau als Alleinerbin eingesetzt, sind die Kinder des Erblassers (z. B. auch aus 1. Ehe) enterbt und können deshalb ihren Pflichtteil von der Witwe verlangen.
Die Missachtung dieser Pflichtteilsansprüche birgt große Gefahren: Der Pflichtteil ist auf Barzahlung gerichtet und sofort mit dem Todesfall fällig. Die Witwe kann dadurch in erhebliche finanzielle Engpässe geraten. Die Ermittlung des Nachlasswertes bietet großes Streitpotential und kann beträchtliche Verfahrenskosten auslösen.
Diese Probleme kann man durch einen Pflichtteilsverzicht, durch eine Zuwendung mit Anrechnungsbestimmung schon zu Lebzeiten oder durch Pflichtteilsstrafklauseln lösen.

Der Gesetzgeber räumt der Witwe, die in Zugewinngemeinschaft lebte, wahlweise das Recht ein, die Erbschaft auszuschlagen, um danach neben dem Pflichtteil den ehelichen Zugewinnausgleich (ähnlich wie bei der Scheidung) zu verlangen. Dieses Vorgehen empfiehlt sich für die Witwe dann, wenn der verstorbene Ehemann einen relativ großen Zugewinn während der Ehezeit erwirtschaftet hat.

 

Das Erbrecht der geschiedenen Frau

Sämtliche gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsrechte der Ehefrau gehen mit der Scheidung verloren. Dies gilt bereits dann, wenn der Ehemann noch zu Lebzeiten die Scheidung eingereicht hat und die Voraussetzungen für eine Scheidung gegeben waren. Gleiches gilt für eine testamentarische Erbeinsetzung.
Im Einzelfall kann aber die Auslegung des Testamentes ergeben, dass der Erblasser seine Ex-Frau trotz einer Scheidung als Erbin einsetzen wollte. Um Unklarheiten zu vermeiden, sollte jede geschiedene Frau und jeder geschiedene Mann ein neues Testament errichten und bei dieser Gelegenheit auch die Bezugsberechtigungen in Lebensversicherungsverträgen neu regeln.

 

Die Partnerin ohne Trauschein im Erbfall

Die Frau ohne Trauschein hat weder ein gesetzliches Erbrecht noch kann sie Pflichtteilsansprüche beim Tod ihres Lebensgefährten geltend machen.
Dies gilt selbst dann, wenn die Lebensgemeinschaft dauerhaft bestanden oder ein Partner den anderen jahrelang gepflegt hat.
Zur wirtschaftlichen Absicherung der Lebenspartnerin ist deshalb entweder eine Schenkung zu Lebzeiten oder eine letztwillige Verfügung erforderlich.
Im Testament sollte man klare Regelungen für das Scheitern oder die Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft treffen. Zu beachten ist auch, dass die Testierfreiheit eines verwitweten Lebenspartners durch frühere Ehegattentestamente oder Erbverträge eingeschränkt sein kann; letztwillige Verfügungen zu Gunsten der neuen Lebenspartnerin gehen dann ins Leere.

Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft werden vom Fiskus im Schenkungs- und Erbfall stark benachteiligt. So hat die Witwe einen Steuerfreibetrag von 500 000 Euro, die begünstigte Lebenspartnerin dagegen nur von 20.000 Euro. Aus dem niedrigen Freibetrag resultiert im Erbfall eine hohe Steuerlast. Wer seinen Lebenspartner als Erben einsetzen, aber hohe Steuerzahlungen ersparen möchte, sollte folgende Möglichkeiten ins Kalkül ziehen: Übertragung von Immobilien ggfls. gegen Nießbrauch und Abschluss spezieller Lebensversicherungen.

 

Die Frau als Erblasserin und Erbin

Dieses Kapitel für die Frauen wurde nicht deshalb in den Ratgeber aufgenommen, weil es etwa ein besonderes Erbrecht für die Frau gäbe. Frauen müssen aber aufgrund ihrer Situation in der Gesellschaft und Familie einige Besonderheiten beachten, die hier behandelt werden.

Liquiditätsprobleme für die Witwe im Erbfall

Die Möglichkeiten der Witwe, das gemeinsame Vermögen aus der Ehe zu erhalten

Durch die gesetzliche Erbfolge kann eine Ehefrau nach dem Tod ihres Partners in große Schwierigkeiten geraten. Denn die Ansprüche anderer Erben (z. B. der Kinder oder der Eltern des Ehemanns) können so hoch sein, dass sie nicht mit dem verfügbaren Bargeld zu bezahlen sind. 

Beispiel: 

Ein jung verheiratetes Ehepaar erwarb im Jahr 1958 in München ein Grundstück und baute ein Haus. Der Quadratmeterpreis bewegte sich damals in der Größenordnung von 15 EUR, das Einfamilienhaus kostete 40.000 EUR, insgesamt wurden für Grundstück und Haus 50.000 EUR investiert. Das Ehepaar hat drei Kinder, beim Tod des zuerst versterbenden Ehemanns im Jahr 2004 sind sie bereits erwachsen. Über die Jahrzehnte ist der Wert des bebauten Grundstücks stark gestiegen, die Quadratmeterpreise in Münchner Wohngegenden bewegten sich beim Tod des Ehemanns in der Größenordnung von 750 bis 800 EUR. Das Anwesen der Eheleute ist nun 1 Mio. EUR wert. Der Witwe gehört bereits die Hälfte des Hauses, die andere Hälfte ist der Nachlass des Verstorbenen. Bei gesetzlicher Erbfolge erhalten nun die Kinder die Hälfte des Nachlasses im Wert von 250.000 EUR. Will die Witwe das Haus für sich erhalten, muss sie den Kindern den Betrag ausbezahlen. Kann sie ihn nicht aus anderen Vermögenswerten (Aktien, Bargeld, Lebensversicherung) aufbringen, muss das Haus verkauft werden.

 

Eine Ausschlagung der Erbschaft kann finanzielle Vorteile bringen

Da die gesetzliche Erbfolge für den überlebenden Ehegatten bzw. die Witwe ungünstig sein kann, hat es der Gesetzgeber dem überlebenden Ehegatten zugebilligt, alternativ die Erbschaft auszuschlagen und den etwaig während der Ehe entstandenen Zugewinnausgleichanspruch neben dem Pflichtteil aus der Erbschaft einzufordern. Dies kann im Einzelfall wirtschaftlich erheblich günstiger sein, wie nachfolgendes Beispiel zeigt:

Variante: 

Der vorverstorbene Ehemann hat im Jahre 1958 das Haus alleine erworben. Der Zugewinn der Ehegatten errechnet sich aus der Differenz zwischen dem Vermögen zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers und dem zur Zeit der Heirat der Ehegatten. Hatten die Ehegatten kein Vermögen in die Ehe gebracht, beträgt der Zugewinn des Erblassers 1 Mio. EUR. Hat die Witwe z. B. wegen der Kindererziehung kein eigenes Vermögen erwirtschaftet, beträgt ihr Zugewinn 0 EUR. Die Hälfte der Differenz der so errechneten Zugewinne ist auszugleichen. Die überlebende Ehefrau kann damit zunächst einen Anspruch von 500.000 EUR gegen den Nachlass geltend machen. Daneben bekommt sie ihren Pflichtteil, nämlich 1/8 des nach Abzug des Zugewinnausgleichs verbliebenen Restnachlasswertes, also 62.500 EUR (500.000 EUR x 1/8). Insgesamt erhält die Witwe demnach 562.500 EUR. Würde sie die Erbschaft annehmen, würde sie nur zur Hälfte Erbin und erhielte damit „nur“ 500.000 EUR.

 

Kurze Entscheidungsfrist von 6 Wochen!

Wichtig beim Tod des Ehepartners ist Folgendes: Nach der Testamentseröffnung kann die Witwe – oder der Witwer – nur innerhalb von sechs Wochen das Erbe ausschlagen. In dieser Frist sind viele andere Dinge zu erledigen. Der überlebende Ehepartner sollte sich daher rasch informieren, welche Lösung für ihn und die Familie die günstigere Wahl ist. Zurück zum Beispiel: Bei Einvernehmen zwischen der Mutter und ihren Kindern ist es meist relativ egal, welche Variante gewählt wird. Die Kinder werden in diesem Fall die Mutter nicht zwingen, das eigene Haus zu verlassen und zu verkaufen. Bei Streitigkeiten oder auch bei hohem Geldbedarf eines Kindes aufgrund von Schulden, ist die Mutter aber gut beraten, ihre Interessen zu wahren und den im Einzelfall sehr beachtlichen Zugewinn für sich zu beanspruchen.

Die Geliebte als Erbin?

Überraschung nach dem Todesfall: Geliebtentestament

Es kommt zwar selten vor, ist aber besonders niederschmetternd für die nächsten Angehörigen: Der Familienvater vererbt sein Vermögen einer Geliebten. Die Ehefrau und die Kinder sind nach dem Testament enterbt und müssen sich mit dem Pflichtteil zufrieden geben. Doch halt! Ist dieses Testament überhaupt gültig? Diese Frage sollten die enterbten Familienmitglieder sehr genau klären. Es gibt mehrere Ansatzpunkte, um ein ungünstiges Testament zu Fall zu bringen. Bei einem handschriftlichen Testament kann man in Zweifel ziehen, dass der Erblasser testierfähig war, als er seinen letzten Willen zu Papier brachte. Alles, was darauf hindeutet, dass der Vater nicht mehr einsichtsfähig war, kann man als „Beweis“ vor Gericht vorbringen.
Beim „Geliebtentestament“ gibt es jedoch für die Witwe und die Kinder noch eine andere Möglichkeit. Falls die Erbschaft eine Art Lohn für Liebesdienste darstellt – in der Rechtsprechung wurde hierfür die Formulierung „Hergabe für die Hingabe“ geprägt – oder aus einer familienfeindlichen Gesinnung heraus errichtet wurde, kann es zu Fall gebracht werden. Ein Richter kann diesen letzten Willen für ungültig erklären. Die Witwe und ihre Kinder sollten möglichst viele stichhaltige „Beweise“ für die Sittenwidrigkeit und/oder Familienfeindlichkeit ins Feld führen. Die großzügig bedachte Geliebte wird ihrerseits versuchen, zu beweisen, dass der Geliebte „achtenswerte Motive“ hatte, als er sein Testament verfasste. Sie wird auf eine längere intensive Beziehung hinweisen, ihre aufopferungsvolle, uneigennützige Pflege des alten Herrn erwähnen und sexuelle Kontakte in Abrede stellen.

Expertentipp:

Wer immer ein Testament zu Fall bringen möchte, braucht einen guten Rechtsanwalt, einen Erbrechtler, der in der Lage ist, zusammen mit seinen Mandanten die erforderlichen Beweise zusammenzutragen und den Richter oder die Richterin zu überzeugen.

Vorsorge des Unternehmers für seine Ehefrau

Die Witwe eines Unternehmers

Wenn der Erblasser ein größeres Unternehmen hinterlässt, das nach seinem Tod weitergeführt wird, kommt auf die Witwe und ihre Kinder eine nicht zu unterschätzende Aufgabe zu. Die Hinterbliebenen müssen sicher stellen, dass das Unternehmen korrekt und kompetent weitergeführt oder verkauft wird. In jedem Fall müssen sie dafür sorgen, dass alles mit rechten Dingen zugeht und dass erforderlichenfalls kompetente Personen als Geschäftsführer engagiert werden.

Was ein Erbrechtsexperte für Frauen im Erbfall tun kann:

  • Beratung vor Errichtung eines Testaments
  • Beratung nach Erbfall (Annahme oder Ausschlagung des Erbes)
  • Anwaltliche Vertretung zur Durchsetzung von Erb- oder Pflichtteilsansprüchen
  • Klage gegen ein familienfeindliches oder sittenwidriges Testament

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